Februaransichten 2017
Wie so viele Phantasten meiner Generation bin ich das erste Mal dank eines Forums mit der Szene in Berührung gekommen.* Bei mir war es das Drachenlanze-Forum, in das ich 2002 oder 2003 eingetreten bin, nachdem ich einige einschlägige Romane gelesen hatte. Das Forum wurde zu einer Clique, aus der nicht nur jede Menge Freundschaften und ein paar Beziehungen resultierten, sondern auch meine ersten Kontakte zu RPGs, Conventions und letztlich Fanzines. Als das DLF langsam einschlief, wanderten einige zu fantasybuch.net ab, und als das wiederum nach und nach seine Funktionen einstellte, gab es als Anlaufstelle noch das weniger familiäre, aber dafür lange noch recht aktive fantasy-forum.org. Im Februar nun war es aber auch damit vorbei: das Fantasy-Forum ist nicht mehr online.
Tot ist das Forum, lang lebe das Forum
Auch wenn ich dort nur sporadisch mitmischte: Dass nun auch dieses Forum wegfällt, ist schade. Für mich war es die letzte virtuelle Anlaufstelle, um noch ausgiebig und pseudonymisiert über Filme und Bücher zu quatschen. Die Facebook-Gruppen, die die Foren abgelöst haben, sind dafür zu hektisch und irgendwie habe ich dort das Gefühl, nur in Werbung zu ertrinken oder mit Wänden zu reden. Insofern – für mich sind Foren keinesfalls tot. Aber umso mehr finde ich es schade, so viele sterben zu sehen.
Sagenhafte Winterzeiten
Ein paar gibt es ja glücklicherweise noch, z. B. das von Literatopia. Von dessen Redaktion kam (wie immer in Zusammenarbeit mit fictionfantasy) im Februar auch die 17. Phantast-Ausgabe, dieses Mal zum Thema „Winter“. Getreu dessen erwarten den Leser im kostenlosen E-Mag u. a. Artikel zur slawischen Mythologie, zu Winter-Sagen generell, eine Kurzgeschichte von Judith und Christian Vogt sowie thematisch passende Interviews und Rezensionen.
Was einem im Winter halt schon mal begegnen kann. (Quelle: Pixabay)
Wir Laboranten und Vereinfacher
Darüber hinaus ist die von Meara Finnegan initiierte Reihe „Phantastische Realität“ angelaufen. Noch bis zum 11. März berichten zahlreiche Blogger und Autoren hier von den Bezügen, die phantastische Literatur auf die Realität nimmt bzw. umgekehrt. Bisher wurde beispielsweise Fantasy als Labor begriffen**, ein kritischer Blick auf das Simple im Genre geworfen, ich habe in Erinnerungen an relativere Zeiten geschwelgt und Atir Kerroum widmete sich einer fast vergessenen Dystopie.
Studieren ist schon lange phantastisch
Während wir hierzulande also immer noch den Drang verspüren, Gott und die Welt von der Nützlichkeit der Fantasy und anderer phantastischer Genres zu überzeugen, ist man in Großbritannien schon einen Schritt weiter: Hier gibt es nun an der Anglia Ruskin University sogar ein Institut für Science Fiction und Fantasy. Was sich auf den ersten Blick exotisch anhört, ist aber gar nicht soo speziell. Nordirland machte mal mit Jediwissenschaften von sich reden, und auch an deutschen Universitäten sind Seminare und Vorlesungen zur Phantastik längst keine Seltenheit mehr. Das Graduiertenzentrum der Uni Gießen bietet zudem eine Sektion zum Thema „Phantastische Welten“.
Trailer mit oder ohne filmische Folgen
Zuletzt sei noch auf den Trailer zu Marie Grasshoffs „Kernstaub“-Reihe hingewiesen. Finanziert wurde er über eine Crowdfunding-Kampagne, und der Theorie nach soll er, wenn ich es richtig verstanden habe, Produzenten für eine englischsprachige Serien-Verfilmung von Grasshoffs Reihe anfixen. Bisschen hochgestochenes Ziel? Ach was!*** So oder so, als Buchtrailer ist das Erzeugnis gelungen – nur schade, dass er für Uninformierte wenig bereithält und den Eindruck erweckt, es würde tatsächlich zeitnah eine Umsetzung folgen. Wer jetzt enttäuscht ist, dass dem (vorerst) nicht so ist, der kann sich vielleicht mit dem deutschen Trailer zu „Mindgamers“ trösten.
Damit enden die Ansichten für den Februar. Im März geht es dann auch wieder mit dem Deutschen Science Fiction Preis und dem SERAPH weiter. Nur nicht zu aktuell werden.
*Es gibt tatsächlich wissenschaftliche Arbeiten über dieses Thema. Gut, vielleicht hab ich sie selbst verfasst, aber es gibt sie. Ich frag mich nur, welche Wege die Post-Foren-Generation geht, um in die Szene zu kommen. Direkt Selfpublishing?
** Wenngleich man sich fragen kann, wie konsequent diese Experimente jeweils durchdacht sind.
*** Trotzdem bin ich beeindruckt, dass der Trailer realisiert wurde.
Ja, das Forensterben find ich auch traurig. FB ist einfach nicht gut genug. *schnief*