Logbuch FBM und BuCon 2025

Logbuch FBM und BuCon 2025

Die Frankfurter Buchmesse (14. bis 19.10) und der BuCon (18.10.) haben letzte Woche stattgefunden. Entsprechend verlangt die Blogtradition ein Logbuch – auch wenn es in diesem Jahr inhaltlich dürftiger ausfällt als 2023 und 2024. Aber wo es mir an Programmberichten fehlt, mache ich die Lücken mit kulinarischen Schilderungen wett.

Donnerstag

Noch bis zum vorangegangenen Abend hatte ich geplant, einen gemütlichen Urlaubstag zu verbringen und erst zu später Stunde nach Frankfurt aufzubrechen. Beim Frühstück entscheide ich mich um, irgendwie sind da Hummeln im Hintern.

Also geht es mittags zum Bahnhof. Der Zug fährt punktgenau los und kommt mit einer Minute Verspätung in Frankfurt an. Smoother Start.

Ich bekomme sogar noch das vorletzte Schließfach, dann geht es zu Fuß zur Messe rüber, auf der es nun, am Donnerstagnachmittag, erstaunlich gemächlich zugeht. Am nächsten Tag werde ich das noch zu schätzen wissen.

Als erstes steuere ich den Pavillon vom Gastland an, den Philippinen. Die mit landestypischen Materialien gebauten Vortrags- und Leseinseln kommen deutlich nüchterner daher als die Bauten aus den Vorgängerjahren; aber kann sich ja auch nicht jeder eine Piazza mit Tempel oder gleich einen See reinbauen. Der Fokus liegt dafür mehr auf den ausgestellten Büchern – um die es ja eigentlich geht – und schon beim Reinkommen stellt sich eine gewisse Ruhe ein. Während ein Cellist spielt, blättere ich in Bildbänden über die Art-Deco-Architektur auf den Philippinen. Eine Lesung zu „Das Meer der Aswang“ habe ich leider verpasst, aber das Buch steht auf meiner Leseliste.

Ich setze mich in einen Vortrag über „Fashion, Politics, and the anti-colonial Imagination“, worin u. a. die whitewashed Darstellung von Figuren aus José Rizals „Noli Me Tangere“ in Comicadaptionen thematisiert wird. Rizals Roman ist ohnehin allgegenwärtig im Pavillon und gibt auch dessen Thema vor, „Fantasie beseelt die Luft“.

Drei Personen südostasiatischen Aussehens, zwei Frauen und ein Mann, sitzen auf einer Bühne. Eine der Frauen blickt ins Publikum. Im Hintergrund eine Präsentation mit dem Titel "Fashion, Politics and the anti-colonial Imagination"
Moderatorin Tanya Yuson, Geschichtsprofessor Filomeno Aguilar Jr. und Autorin Stephanie Coo

Im Anschluss mäandriere ich ein wenig durch die Gänge der 3er-Hallen, wohlwissend, dass das ab Freitag schwierig wird. Danach braucht es Crêpe und Cappuccino – zusammen 9 €, günstig für eine Messe (was mehr am Crêpe als am Cappuccino liegt).

Auf (in?) der Agora beäuge ich misstrauisch den Container zu „Alchemised“ und verpasse die Chance, mir das dortige Promomaterial zu holen, mit dem man auf Ebay reich werden kann. Stattdessen laufe ich noch eine Runde durch die Hallen 5 und 6, fotografiere Standillustrationen, verweile vor allem bei Hongkong länger, um mir die ausgestellten Bücher anzuschauen.

Danach reicht es dann erst malund ich will mein Gepäck vom Hauptbahnhof abholen. Leider schaffe ich es, mich auf dem kurzen Stück haltlos zu verlaufen und fast eine Stunde um eine Baugrube herumzuirren. Irgendwann gelange ich aber doch noch in die Ziel-WG, die mir wieder während der Messetage Unterschlupf gewährt.

Es gibt Nudeln mit Kürbis und Weißwein. Salbei ist auch im Spiel, ein Träumchen.

Nachts hört man leise einen Vorschlaghammer zwitschern.

Freitag

Der Wecker klingelt zu früh, aber Leute wollen zur Arbeit. Also schlurfe ich so zeitig wie nie zur Messe und stelle fest, dass verdammt viele Leute auf den 10-Uhr-Startschuss für den Publikumsverkehr warten. Ich fühle mich kurz krass, mit Presseticket an der Masse vorbeigehen zu können – natürlich im Laufschritt, als hätte ich schon am Morgen wichtige Termine.

Der erste wichtige Termin ist aber erst um 10, wenn ich kurz den Mitgliedern einer Online-Schreibgruppe Hallo sage. Ganz andere Subszene als die, in denen ich mich sonst so herumtreibe, und ich fühle mich ein wenig fremd.

Heimatgefühle stellen sich im Anschluss ein: Es ist Zeit für den nächsten 4,50-€-Cappuccino – man gönnt sich ja sonst nichts –, wobei mir Maria Orlovskaya Gesellschaft leistet. Auf dem Weg zur Messe hatte ich von ihr noch einen Essay gelesen und auf Insta empfohlen, woraus sich das Treffen ergeben hat. Wir reden über SF-Kurzgeschichten, Cons und Manifeste – now that’s my bubble! –, schauen dann erneut bei den Philippinen vorbei. Deutlich voller heute!

Blick in ein Holzgebäude, in dem viele Bücher ausgestellt sind. Eine Bank in der Mitte lädt zum Lesen ein.
Blick in eines der Gebäude im Pavillon der Philippinen

Danach macht sich Maria auf zur Verleihung des PAN-Stipendiums. Sie ist mit „Athanasia“ auf der Shortlist fürs Debüt. (Mehr Details zu den Szenenews gibt‘s in den Herbstansichten, ich nehme hier nichts vorweg, ja.)

Mich zieht es zum Flammkuchen-Stand meines Vertrauens, aber die gewaltige Schlange davor lässt mich kurzfristig auf Flammlachs umsteigen (ja, FBM immer auch ein kulinarisches Erlebnis!).

Entsprechend gestärkt schaue ich beim Stand der Philippinen vorbei, der sich außerhalb des Pavillons in Halle 5 befindet. Wenn ich es richtig verstanden habe, sind im Pavillon nur Übersetzungen aus Verlagen außerhalb der Philippinen vertreten, hier am Stand wiederum die heimischen Verlage.

Ich habe schon aus den letzten Jahren eine muntere Sammlung an Broschüren über philippinische Phantastik angesammelt. 2024 habe ich mir sogar den Comic „Trese“ gekauft, leider immer noch nicht gelesen. Aber auf jeden Fall bieten die Philippinen in der Hinsicht so einiges und auch 2025 widmet sich ein Regal ganz Fantasy und Science Fiction in Comics, Romanen und Anthologien. Neben „Trese“ fallen mir die Anthologie „Alternative Alamat“ und – wieder mal – Eliza Victorias „Wounded Little Gods“ ins Auge. Die Leseliste wächst munter.

Nun nehme ich doch noch mal Halle 3.0 auf mich, traue mich aber nur noch mit Maske durch die Gänge und bekomme am PAN-Stand prompt einen Hustenanfall, der erst mal alle zwei Meter Abstand nehmen lässt. Hab jetzt aber eh einen Termin am Fischer TOR-Stand, wo ich so lange über Stadtentwicklung abnerde, bis ich Aiki Miras „Denial of Service“ erhalte. Das ist Frankfurt-Near-Future. Wird mein erster Roman von Aiki, bisher kenne ich nur Kurzgeschichten und bin gespannt, ob sich der Stil auch für Buchlänge eignet.

Einen kurzen Talk mit Andy Hahnemann und Hanka Leo später laufe ich noch mal in Maria, die inzwischen eine Art Wikingerhelm und Jacqueline Montemurri dabei hat.

Ich verlasse die inzwischen prall gefüllte Messe, esse Nudeln mit Kürbis (es war wieder Salbei im Spiel) und warte auf meine Schwester. Wir sind zur Seraph Soirée der Phantastischen Akademie im urigen Café Casablanca eingeladen. Wir kommen fast als Letzte an, was mir noch selten passiert ist. Haben aber dennoch einen sehr netten Abend; ich rede lange mit Hannah Brosch und Kai-Holger Brassel, treffe Lisanne Surborg zum ersten Mal analog, erfahre von Florian Schäfer einige Anekdoten zum Forgotten Creatures-Dreh mit dem HR, lerne Christoph Lode und Stefan Bräumer kennen. So muss das doch auf diesen Post-Messe-Veranstaltungen! Außerdem gibt’s ein Buffet mit Hähnchenschenkeln; don’t hate me, aber das hat kindliche Freude in mir geweckt. (Ausreichend fleischlose Alternativen gab es ebenfalls.)

Samstag

Ausschlafen wäre mal geil, aber dann darf man wohl nicht so lange bei Wein mit Hähnchenschenkeln sitzen. Das war’s dennoch wert, sage ich mir, während ich bibbernd auf die S-Bahn warte, die mich gen Dreieich bringt. In Bus und Bahn überlege ich, wer von den Mitfahrenden wohl auch zum BuchmesseCon fährt. Ich will ja nicht angeben, aber meine Trefferquote liegt bei 100 %.

Es ist das Jahr der Früherfahrungen, auch auf dem BuCon komme ich zeitiger denn je an. Der Wurm entpuppt sich als sehr lange Schlange am Eingang. Ich starre also zwanzig Minuten auf Iva Moors Hinterkopf und erspähe weiter vorne Laura Dümpelfeld nebst Ehemann Chris. Auf deren Hochzeit hab ich letzte Woche noch getanzt!

Irgendwann gelange ich in die heiligen Bürgerhallen und laufe erst mal Michael Wehren in die Arme. Das trifft sich gut, denn mit ihm und Melanie Wylutzki vom Hirnkost Verlag bestreite ich das Panel „Utopie und Science Fiction“. Anlass ist das frisch erschienene Science Fiction Jahr 2025, worin ich erneut über Solarpunk geschrieben habe. Dazu an anderer Stelle noch mehr Worte; im Panel selbst sprechen wir über kleine Utopien wie das Jahrbuch und über Chancen und Risiken von Utopien. Beispielsweise werde ich meine Kritik an der Ästhetik-Fokussierung los – Utopie, das scheint zumindest im globalen Westen für viele grüne Landschaften unter sonnigem Himmel in ferner Zukunft zu bedeuten. Damit macht man es sich zu einfach. Vor Ort muss die Diskussion allerdings enden, als sie gerade Fahrt aufnimmt – 25 Minuten sind dann doch schnell um.

Publikum vor drei Leuten: Alessandra Reß (fast verdeckt), Melanie Wylutzki und Thomas Wehren
Fotobeweis von Jörg Ritter: Wir hatten Publikum! Ich bin die links, neben mir Melanie Wylutzki, Thomas Wehren in Action

Der Rest des Tages bestehtzu 95 % aus Gesprächen in der Herbstsonne. Ich verpasse die beiden Panels, die ich mir rausgesucht hatte und schaue auch bei den Ständen nur rudimentär vorbei, weil ich mich immer grad festgequatscht habe. Mit Hannah Brosch und Judith Madera (= Literatopia), mit Markus Mäurer (= TOR Online) und Ralf Zacharias (= SFLit), mit Gero (= Bibliotheka Phantastika) und Udo Klotz, mit Christian Vogt und Kathrin Dodenhoeft, mit Markus Tillmann und Grit Richter, mit den Seibels und Heike Knopp-Sullivan und all den Leuten, mit denen man im Vorbeigehen wenigstens 2,3 Sätze wechselt, ehe man sich wahrscheinlich wieder ein Jahr lang nicht sieht. Und natürlich erwischt man trotzdem nicht alle.

Also BuCon as is should be. Was bei schlechtem Wetter gewesen wäre, muss ich auch dieses Jahr nicht herausfinden.

Am frühen Abend wage ich mich noch mal in den Innenbereich und kaufe ein „Archiv der Fabelwesen“. Außerdem nehme ich ein paar Untersetzer vom Tolkien-Stammtisch Rhein-Main mit; nicht ganz die für mich passende Region, aber Untersetzer braucht man immer und sie sind nett gestaltet. Danach geht es wieder nach Frankfurt, wobei ich dank kurzfristiger Streckensperrung die Möglichkeit habe, mich ausgiebig mit dem Bahnhof Neu-Isenburg zu beschäftigen.

Zurück in der WG gibt es Gnocchi mit Kürbis (und Salbei), dazu einen Rewatch von „Bright“. Ich mag den Film ja, wenngleich ich gerne mehr Welt und weniger Schießereien sehen würde.

Sonntag

… schlafe ich aus. Zum Frühstück gibt es Pancakes mit Ziegenkäse und Salzkaramell. Salbei ist ebenfalls im Spiel.

Dann wird es Zeit, zurückzufahren. Auf dem Weg zum Bahnhof kann ich noch mal von außen einen Blick in die Messehallen werfen. In den letzten Jahren kam an dieser Stelle die eine oder andere Kritik, aber ehrlich gesagt hatte ich einfach eine gute Zeit. Ich freu mich aufs nächste Mal.

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