Winteransichten 2025
Neue Winteransichten – neuer Blog! Wenn nicht auf die letzten Meter noch Stricke reißen, ist das der erste Blogeintrag, der auf fragmentansichten.de erscheint. Gut, für euch Lesende ändert sich außer der Endung erst mal nicht viel, da ich die alten Beiträge importiert habe. Aber ich bin erleichtert, dass der erste Schritt getan ist. Gleichwohl ist noch einiges zu tun: vom alten, nach wie vor bestehenden Blog, muss ich eine Weiterleitung einrichten, und auch am Design will ich einiges anpassen, außerdem in den Katakomben aufräumen. Irgendwie funktionieren Galerien auch noch nicht richtig. Aber jetzt sind wir zumindest mal hier. Ich wollte schon lange von wordpress.com umziehen, da ich mit meinem dort gewählten Paket sehr eingeschränkt war in den Anpassungsmöglichkeiten. Außerdem war ich mit der .com-Endung nie so ganz zufrieden.
Wie auch immer, bitte nutzt bei Verlinkungen ab sofort bitte die .de-Adresse. Danke!
Nun, es war viel los, weltpolitisch ebenso wie privat. Daher gingen weder Jahresrück- noch -vorblick, und auch keine neuen Genreansichten oder das Kulturflimmern online. Belassen wir es bei: 2024 war ein sehr anstrengendes, stellenweise belastendes Jahr für mich. Über Weihnachten und Neujahr hab ich pausiert und nun zumindest wieder etwas mehr Energie, mich 2025 zu widmen.
Und los ging es sogar schon mit einer ersten Buchmesse: Am 25. und 26. Januar fand die Buchmesse am Mittelrhein in der Krupp’schen Halle der Sayner Hütte (Bendorf) statt, wo ich gemeinsam mit Laura Dümpelfeld einen Autorinnenstand hatte. Es war ein kurzweiliges Wochenende, wenn auch vom Verkaufsaspekt her ausbaufähig. Samstags hat der Bendorfer SPD-Bürgermeister eine eindrücklicke Rede zur Eröffnung gehalten und es war relativ viel Presse da – im Verhältnis mehr als Besucher. Aber lag’s nun am Sonntag oder am samstagabends im SWR ausgestrahlten Fernsehbeitrag, auf jeden Fall war am nächsten Tag die Bude voll. Der Fokus lag zwar auf Familien mit kleinen Kindern und Senior*innen mit Interesse an Regionalliteratur, aber der Verkauf war in Ordnung. Neben uns waren noch einige andere Phantastikautorinnen vor Ort, z. B. Wiebke Tillenburg, Diana Menschig oder April Wynter.
Ansonsten waren meine Phantastik-Ambitionen zuletzt etwas heruntergefahren bzw. auf den Roman fokussiert, der im Herbst herauskommen soll. Meine Notizen für die Winteransichten sind jedenfalls dürftig ausgefallen, aber so ein paar Sachen habe ich doch mitbekommen. Beispielsweise erscheinen in einer Kooperation zwischen Lena Richter und dem Chaos Computer Club die unter CC BY SA 4.0 lizenzierten Dis_Abled Disruption Drabbles, zehn utopische Zukunftsvisionen, verpackt als Kürzestgeschichten von zehn Autor*innen und illustriert von C. F. Srebalus. Mir haben vor allem die sehr „streiflichten“ Beiträge gefallen – anbei einer meiner Favoriten –, und generell ist es toll, wenn solche Außerhalb-des-Tellerrandes-Projekte zustandekommen.
Und in diesem Sinne wenden wir uns TOR Online zu, wo Oliver Plaschka über seine Arbeit als Uni-Dozent für Phantastikthemen berichtet hat.
Die (unabhängig von diesem Beitrag) immer mal wieder angesprochene Abneigung der deutschen Hochschullandschaft gegenüber Phantastikthemen habe ich persönlich selten erlebt, eher im Gegenteil. Mag ich mich für Phantastik auch vorher schon interessiert haben, mein (Kulturwissenschafts-)Studium hat sicher dabei geholfen, dieses Interesse auszubauen und zu „professionalisieren“. In der Soziologie ging es dort beispielsweise um Vorstellungen und mediale Darstellungen der Postapokalypse, in der Medienwissenschaft wurde zwischendurch über alles mögliche von Mangas bis hin zu „Tiger & Dragon“ diskutiert. Unter dem Banner der Philosophie habe ich ein Seminar zu Cybermystik und Cyberpunk besucht, das viel Einfluss auf „Die Türme von Eden“ genommen hat. Und am Ende, als ich eigentlich schon durch war und nur noch an der Masterarbeit geschrieben habe, ging es just for fun in ein Seminar zu „Harry Potter“ und „Twilight“. Gewissermaßen habe ich so sogar Oliver kennengelernt, weil ich im Rahmen einer Veranstaltung u. a. zu Todorov und der „Literatur des Wahnsinns“ eine Seminararbeit zu „Fairwater“ geschrieben und ihm damals einige Fragen geschickt hatte. In dem Zuge habe ich auch die Gesellschaft für Fantastikforschung und die Phantastische Bibliothek Wetzlar entdeckt. Besagte Abneigung gegenüber Phantastik habe ich erst später mitbekommen, als ich mich (vergeblich) um eine Promotionsstelle an der Uni Bonn bemüht hatte; trotzdem war das Phantastik-Wohlwollen sicher kein KuWi-spezifisches Element. 2023/24 war ich ja z. B. in ein Solarpunk-Projekt an der Ruhr Uni Bochum eingebunden, an der Hochschule Mainz bot der Fachbereich Gestaltung Ähnliches an usw. Inzwischen findet sich da schon einiges. Gerade plane ich selbst eine Science-Fiction-Veranstaltung an einer Hochschule – was mich ehrlich gesagt etwas beunruhigt, weil es zwei Arbeitsbereiche zusammenbringt, die ich bisher eigentlich bewusst getrennt hatte. Aber es fällt auch unter diesen ominösen Großbereich der Chancen.
Zurück zu TOR Online: Mit ihren Perspektiven auf Romance und Romantasy hat sich Judith Madera dieses Mal der Science Fiction zugewandt. Da ich mich im letzten Jahr mit faeriep*rn auseinandergesetzt hatte, haben mich vor allem die Absätze zur Romantasy und Erotik interessiert. Ich finde es beobachtenswert, wie diese Subgenres auch das All erobern, während es Romance im engeren Sinne dort lange schwer hatte. Ich erinnere mich noch, wie 2012 das inzwischen eingestellte PAN-Imprint von Knaur mit Amy Kathleen Ryans „Sternenfeuer“ den Versuch wagte, die Romantasy-Zielgruppe von Science Fiction zu überzeugen. Besser gelungen ist das einige Jahre später Marie Graßhoff mit „Neon Birds„, was ich zwar nicht als romantische SF deklariere, was aber eben die entsprechende Leserschaft aus dem Drachenmond-Dunstkreis – wo Graßhoff zuvor veröffentlicht hatte – zum Genre rübergezogen hat. Mal schauen, was wir den Space-Barbaren am Ende so zu verdanken haben werden.
Wenden wir uns der Award-Saison zu. Die ist noch nicht in vollem Gange, macht aber doch ihre ersten Schritte: Bis heute, den 31. Januar, werden noch Nominierungsvorschläge für den Kurd Laßwitz Preis (KLP) entgegengenommen. So eilet also, wenn ihr abstimmungsberechtigt seid und noch eure Stimmen loswerden wollt! Dasselbe gilt, wenn ihr über ein entsprechendes Formular auf der Website des SFCD Vorschläge für die ESFS-Awards einreichen wollt, was noch bis morgen möglich ist. In den entsprechenden Kategorien könnt ihr übrigens auch meinen Blog oder meine Artikel nominieren. Nur mal so am Rande erwähnt. Und, wichtig: Obwohl durch den Namen und die Einbindung des SFCD die Assoziation mit der Science Fiction naheliegt, können grundsätzlich Werke bzw. Personen und Insitutionen aus allen Bereichen der Phantastik nominiert werden! Landesdelegierte für Deutschland ist in diesem Jahr Claudia Rapp, die damit Robert Corvus beerbt.
Mit dem Vincent Preis könnt ihr euch indes etwas mehr Zeit lassen: Hier könnt ihr bis zum 28. Februar nominieren. Der Rein. A. Zondergeld Preis (RAZ) für Sekundärliteratur ist hingegen leider wegen mangelnder Nominierungen im letzten Jahr nicht mehr dabei.
Ihr habt keinen Durchblick bei all den Preisen? Hilfe naht in Form eines entsprechenden Überblicksartikels, den ich 2024 auf TOR Online veröffentlicht hatte. Dort findet ihr auch aufgedröselt, wer wie für Vincent, KLP und Co. abstimmen darf – ist aber eben noch auf dem Stand von 2024, was z. B. den ESFS-Award angeht. Und dort ist auch noch nicht der Österreichische Phantastikpreis mitaufgeführt, der, kuratiert von Erik R. Andara und ausgerichtet von der Fantasy-Schmiede, im April 2025 zum ersten Mal vergeben wird. Eine Longlist wurde bereits veröffentlicht, unter den 36 Titeln finden sich z. B. Eleanor Bardilac mit „Die Magie goldgewebter Herzen“, Devi Letalis mit „How to start a demonic cult and get away with it“ oder Michael Hirtzy mit „Operation Helicon“.
Genug der Preise, schauen wir stattdessen auf Museen: Leider habe ich 2024 bei weitem nicht so viele Ausstellungen besucht, wie ich gerne hätte, aber neues Jahr, neue Angebote. Und auch für die Phantastik ist hier aktuell einiges geboten: In Frankfurt läuft beispielsweise die Fan-Ausstellung „The Fans Strike Back“ mit vielen Exponaten rund um Star Wars. In der Bundeskunsthalle lockt die zukunftsoptimistische Ausstellung „Save Land“, die ich unbedingt besuchen möchte, da sie u. a. Liam Young featurt. Kostenfrei besuchen kann man zudem den Medienkunstraum, wo Liam Youngs „The Great Endeavour“ zu sehen ist, eine optimistische Vision und Alternative zu den sonst gerade angesagten Utopie-Ästhetiken.
Und dann läuft noch bis 11. Mai die viel beachtete Ausstellung „Superheros“ im NRW-Forum in Düsseldorf.
Und sonst? Bei Jojomedia soll ab April eine Reihe unter dem Label „Contemporary Weird“ laufen. Der Genderswapped Podcast richtet sich (nun auch offiziell) neu aus, indem er sich von seinen Rollenspiel-Wurzeln entfernt, um sich generell der progressiven Phantastik zu widmen. Ein Vulture-Artikel (inzwischen hinter Paywall) hat sich der Causa Neil Gaiman angenommen und ich bin weiterhin irritiert über die Ungläubigkeit innerhalb der Szene. Ein gesundes Misstrauen gegenüber dem Guten wie dem Schlechten ist zuweilen hilfreich.
Und mit diesen Worten auf dem Wege geht dann doch bitte die Demokratie retten, denn die Alternativen sind für die meisten Menschen nicht toll. Wie die Rettung gelingt? Tja, wenn ich das wüsste. Aber demokratische Parteien zu wählen erscheint mir als wichtige Maßnahme. Auch: Akzeptieren, dass Kompromisse nötig sind. Nicht (nur) innerhalb der Bubble diskutieren. Nicht über jedes Stöckchen springen. Dennoch widersprechen, wo nötig. Zuhören in der Öffentlichkeit, an den Bushaltestellen, in den Bahnen. Hilft, andere Perspektiven fern des Netz-Trollismus kennenzulernen und am Ende nicht allzu überrascht zu sein. Es gibt auch eine Initiative namens Autor*innen gegen Rechts, mit der ich mich allerdings noch nicht tiefergehend beschäftigt habe. Demos setzen Zeichen, es gibt gerade eine muntere Auswahl.
Man liest sich.
Ist das jetzt ein selbstgehostetes WordPress oder etwas ganz neues?
Genau, selbst gehostet. Gibt mir hoffentlich mehr Möglichkeiten, auch was die DSGVO-Anpassung angeht. Aber friemel mich noch durch.