Blogansichten 2022
Ein Blick auf Instagram hat mir heute Morgen verraten, dass am 13. November der Tag des Bloggens zelebriert wird.* Grund genug, ein paar lose Gedanken zu meinem eigenen Blogging-Zugang zu tippen.
Die Fragmentansichten sind mein dritter Blog. Vom ersten, gehostet über Myblog, weiß ich gar nicht mehr, wie er hieß. Ich hatte ihn so um 2004/2005 aufgesetzt, in jener wilden Zeit, als Gott und die Welt plötzlich ihre digitalen Tagebücher eröffneten. Und mein Blog war im Prinzip auch genau das, hier ließ ich mich über Schulzeug ebenso aus wie über Musik. Aus heutiger Sicht klingt das chaotisch, aber damals war sowas gängig und ironischerweise habe ich trotz der persönlicheren Themen noch viel stärker darauf geachtet, eine Persona anstatt einer Person zu sein. Jetzt, wo ich das schreibe, erinnere ich mich an ein paar anderer dieser digitalen Tagebücher, die alle nach und nach verschwunden sind. Keine Ahnung, was aus Timo aus Kassel wurde oder aus diesem edgy Typ aus Donauwörth. Haben die eigentlich je wirklich existiert?
Mein Frühblog hatte ebenfalls keine besonders lange Lebensdauer. Stattdessen bin ich rüber zu Rezensionsdiensten und Online-Magazinen wie fantasybuch.net, die heute (leider) auch aus dem Netz verschwunden sind. Mit dem Bloggen ging es erst 2012 wieder los. Da hielt ich den Romanvertrag für „Vor meiner Ewigkeit“ in den Händen und Art Skript Phantastik-Grit schlug mir vor, als Marketingmaßnahme zu bloggen. Gesagt, getan, so entstand Dew Linae, dieses Mal auf Blogspot/Blogger.com. Anfangs war das ein reiner Autorenblog, aber ich bin schnell zu weiteren Phantastik- und Literaturthemen gewechselt. Was in mir wiederum den Wunsch geweckt hat, einen allgemeineren (und ansehnlicheren) Blog zu gründen.
Seit Ende 2014 existieren daher die Fragmentansichten. Anfangs waren die noch viel breiter aufgestellt. Mein erster Blogpost war z. B. ein Nachruf auf Ulrich Beck. Ich habe aber auch Besprechungen zu Theaterstücken geschrieben, ausführlich über Museumsbesuche berichtet, an vielen Bloggeraktionen teilgenommen und zwischendurch gab’s Werbung für meine Veröffentlichungen.
Inzwischen ist der Blog wieder themenfokussierter. Über Museen berichte ich ab und zu noch, aber vornehmlich, wenn es um Phantastik geht, der Rest ist als #ArtSpam in die Instagram-Storys ausgelagert. Über Theaterbesuche berichte ich höchstens noch in kurzen Tweets und Tröts. Und Blogaktionen sind leider sehr rar geworden, so wie Blogs selbst rar geworden sind, vertrieben u. a. von Instagram und der DSGVO. Die letzte größere Aktion, an der ich teilgenommen habe, war die zu #femaleheritage.
Diese Re-Fokussierung war nicht geplant, sie hat sich v. a. aus der Kombination aus Zielgruppe und Zeitmangel entwickelt. Einzelne Theaterbeiträge (z. B. der zu Jesus Christ Superstar) kamen zwar gut an, aber die treueste Leserschaft hatte und habe ich naheliegenderweise bei Phantastikthemen. Nach wie vor beliebt sind dabei z. B. Themen-Listicals oder Interviews. Das Herzstück haben aber lange Zeit die Monatsansichten gebildet. Die habe ich bekanntlich im Januar spontan eingestellt, was ich je nach Tagesstimmung für einen großen Fehler oder für sehr erleichternd halte. Es gibt zwar stattdessen die Jahreszeitenansichten, aber die erreichen bisher weniger Leute, sind halt auch zwangsläufig weniger aktuell. So ein bisschen zum Aushängeschild des Blogs oder der Person dahinter sind stattdessen die Subgenre- und Movement-Themen geworden. Auch das war nicht geplant, sondern hat sich mit der Zeit irgendwie verselbstständigt, aber inzwichen stecke ich hier so tief drin, dass ich gar nicht mehr anders kann, als euch über die Unterschiede zwischen Mannerpunk und fantasy of manners zu berichten.
Dennoch ist da oft Frust und eine gewisse Blogmüdigkeit, die letztlich mit dazu geführt hat, dass ich die Monatsansichten eingestellt habe. Einen Blogbeitrag zu schreiben geht mir nicht mehr so leicht von der Hand wie früher und ich frage mich oft, ob ich die Zeit nicht besser darin investieren sollte … nun, Romane zu schreiben, ein Museum zu besuchen oder in die Sonne zu gehen oder sonst etwas, was sich an einem so sonnigen Sonntag anböte. Ich bin auch nicht mehr so enthusiastisch dabei, auf Presseevents herumzuhüpfen oder offensiv Gesprächspartner*innen anzufragen. Außerdem wäre es eigentlich höchste Zeit, den Blog wieder umzuziehen, da wordpress.com in den Features unangenehm eingerschränkt ist.** Mal müssen die Cookies angepasst werden, aktuell macht die GoogleFonts-Debatte die Runde und ein großes Ärgernis bleibt die Impressumspflicht.
Extrem enttäuschend fand ich es zudem, als 2020 wiederholt Themen und Inhalte aus meinem Blog bzw. aus sonstigen Artikeln von mir ohne Quellenangabe an anderen Orten aufgetaucht sind. Nicht als offensichtliches Plagiat, aber spätestens, wenn meine Fehler mit übernommen werden, wird’s halt schon auffällig. Aktuell ist das Thema Buchpiraterie in aller Munde, und auch bei Illustrationen scheint langsam anzukommen, dass es schlau wäre, wenigstens die Künstler*innen zu nennen, wenn man es schon für eine gute Idee hält, random anderer Leute Material auf Pinterest und Co, zu teilen.*** Blogs fallen hier, ähnlich wie Tweets und Co., gefühlt aus dem Raster. Das alles gibt mir zu denken, zumal ich mir schon Mühe gebe, vieles unter offene Lizenz zu stellen, da ich die ganze Open-Knowledge-Sache eigentlich für sehr sinnvoll halte. Trotzdem bin ich kein kostenloser Ideenlieferant für größere Accounts und das Netzwerk lebt letztlich von Verlinkungen.****
Womit wir gleichwohl bei den positiven Seiten ankommen. Denn natürlich gibt’s die auch. Ich finde es gar nicht so schlecht, wenn mich Leute auf Cons und Co. als FragmentAnsicht(en) identifzieren anstatt unter meinem Realnamen. Sowas zeigt mir doch, dass der Blog, wenngleich sehr special interest, ein Begriff ist, und es kommen immer mal Auftragsanfragen über ihn rein. Außerdem bietet er mir nach wie vor größtmögliche Flexibilität. Wenn ich wie heute spontan etwas verbloggen will, muss ich nicht erst bei einem passenden Online-Magazin anfragen oder die Zeichenanzahl bei Instagram ausreizen (um mit dieser dann doch nicht zufrieden sein). Dabei obliegt es allein meiner Entscheidung, ob ich einen eher subjektiven oder neutralen Ton anschlagen möchte.
Insofern … ich weiß nicht, was der nächste Frust so bringt, aber grundsätzlich habe ich vor, diesen Blog noch einige Zeit weiterlaufen zu lassen. Einige Beiträge sind bereits in der Mache, sie brauchen bloß lange. Auch einige ältere Beiträge aktualisiere ich im Übrigen regelmäßig. Konkret betrifft das vor allem die folgenden Listen, bei denen ich nach wie vor um Ergänzungen und Hinweise dankbar bin:
- Die phantastische Zeitschriftenlandschaft
- Internationale, nicht englischsprachige Phantastik in deutscher Übersetzung
- In Deutschland spielende SFF (diese Liste aktualisiere ich nur noch sporadisch, Hinweise pflege ich aber ein)
- Subgenres: Punkpunks
- International ausgerichtete SFF-Magazine
Und weil es so schön ist, hier noch ein paar Statistikinfos zum Blog: Geht es nach offiziellen Besucherzahlen, war 2020 das erfolgreichste Jahr für die Fragmentansichten. Die meisten Aufrufe gab es aber 2021. Meine sieben beliebtsten Blogbeiträge seit Gründung sind (1) die Top 7 zu Heldinnen-Duos, (2) die Spielerei „Wäre das auch geklärt“ (na toll), (3) die Sammlung phantastischer Zeitschriften, (4 + 5) die Listicals zu Vampirromanen und Schullektüren, (6) das Essay „Keine schöne neue Welt?“ aus 2018 und (7) die Genreübersicht „Die Fee ist immer da„.
Abschließend will ich ein paar Blogempfehlungen aussprechen. Im Erstversuch wurde das eine sehr lange Liste, denn auch wenn wir nicht mehr bei den Ausmaßen von 2004 sind, ist die noch bestehende Blogosphäre doch sehr lebendig. Für einen Überblick ist das hier aber nicht der richtige Moment, daher entschuldigt, wenn ich mich auf fünf Ein-Personen-Blogs beschränke, die ich gegenwärtig regelmäßig lese. Also, falls ihr sie noch nicht kennt, schaut mal hier vorbei:
- Skalpell und Katzenklaue. Bietet intensive Beiträge v. a. zu Pulp Fantasy sowie Sword & Sorcery.
- Sören Heim / Lyrik & Prosa. Ausführliche Rezensionen, oft zur Phantastik, aber auch darüber hinaus.
- Gedankensprünge. Recht persönlich gehaltener Blog rund um Science Fiction und Verwandtes.
- Zeitfäden. Hier gibt’s sauber recherchierte Beiträge zu historischen Themen. Aktuell ein wenig im Umbau.
- Treffpunkt Phantastik. Sammlung von Artikeln, Sachbüchern und Blogposts rund um phantastische Sekundärliteratur.
Und nun … genießt den Sonntag. Bloggt, geht durch die Sonne, ins Museum, oder was man sonst so an einem Sonntag macht. (Weil ihr diesen Beitrag ja sicher alle sonntags lest und zwar, wenn die Sonne noch scheint und Museen noch auf haben.)
*Ins Leben gerufen wurde der Tag des Bloggens übrigens offenbar von Daniela Sprung. Das Datum wurde ausgewählt, da am 13. November 1990 Tim Berners-Lee am CERN die erste Website der Welt veröffentlicht hat.
** Dass ich mich für wordpress.com entschieden habe, anstatt direkt einen ordentlichen WordPress-Blog aufzusetzen, geschah damals schlicht aus Unwissenheit.
*** Na gut, auch diese Erkenntnis verläuft weiterhin frustrierend langsam. Kaum ein Autor_innensonntag, an dem nicht irgendjemand Pinterest-Screenshots im Feed teilt.
**** Zugleich weiß ich auch, gerade in der Anfangszeit selbst Fehler in Sachen Urheber- und Nutzungsrechten gemacht zu haben und bei manchen Themen und journalistischen Darstellungsformen ist es nicht so leicht, die Grenze zu ziehen, was nun als Allgemeinwissen gilt und wo der Rechercheaufwand so groß war, dass eine Verlinkung/Quellenangabe sinnvoll ist. Insofern bin ich auch lange tolerant und sicher selbst nicht fehlerfrei, aber ich erwarte eine gewisse Kollegialität.
Danke für die Empfehlung.
Für mich ist es der/das 2. Blog (&ich hab mich immer noch nicht zw der&das entschieden…)
Ich hatte außerdem auch noch myspace, aber ich glaube ich habe dort wirklich nie etwas hochgeladen…
Myspace hatte ich auch, aber ich habe es glaub ich nicht als Blog genutzt, sondern mehr zum Chatten und … war da nicht irgendwas mit Musik?^^
Ich glaube, aber eigentlich hab ich keinen Plan… Ich glaube ich habe nur geguckt, was andere Leute machen & selbst die haben da nicht ständig gepostet, wie man das heute so macht.
[…] habe ich den erst im vergangenen Jahr, und den Moment dann genutzt, um auf meine vergangenen Blogs zu schauen, Statistiken in den Raum zu werfen und auf andere […]