10 Jahre als Autorin
Es ist in diesem Monat zehn Jahre her, seit meine erste Kurzgeschichte in einer Anthologie veröffentlicht wurde. Neun, seit mein erster Roman herauskam. Ich habe viel über diese zehn Buchjahre nachgedacht und einen sehr langen Text über sie geschrieben. Aber ich glaube, manchmal ist es auch okay, Sachen nur für sich zu schreiben und stattdessen etwas anderes zu veröffentlichen.
Tatsache ist, dass ich die ersten fünf Jahre sehr aufregend fand. Die ersten Veröffentlichungen, die ersten Nominierungen, all die Leute, die Conventions. Die letzten fünf Jahre waren … komplexer. Mir wurde einmal gesagt, ich sei schwierig vermarktbar, was mich länger beschäftigt hat, als ich eingestehen will. Ich schätze, es stimmt schon. Ich poste gerne Bäume und Wände, in die ich Augen shoppe, und ich teile gerne den Fluss und Wälder und Museen und irgendwelchen Kram, der mir im Alltag auffällt. Ich erzähle gerne Leuten von Dingen, die mir gefallen haben, und ich liebe es, über weirde Subgenres oder die Hintergründe irgendwelcher Wesen zu recherchieren, die es nie gegeben hat. Aber ich teile ungern meine eigenen Bücher und weiß manchmal nicht mehr so recht, was ich mit Prosa-Alessandra anfangen soll. Ich habe Dinge versucht und bin gescheitert. Ich war krank und musste einiges neu anordnen. Ich wusste nicht mehr so recht, warum ich überhaupt noch Geschichten schreiben sollte. Der Welt fällt ohne sie vermutlich kein Zacken aus der Krone.
Wenn ich früher gezweifelt habe, habe ich oft mit Mike geredet. Wir haben zusammen studiert, uns dann aus den Augen verloren und digital wieder Kontakt aufgenommen. Er war nebenberuflich Musiker, ich nebenberuflich Autorin, er verstand von meinen Romanen ebenso wenig wie ich von seinen Liedern. Das war hilfreich. Wir verstanden gleichzeitig genug und nicht zu viel von den künstlerischen Problemen des anderen.
Mike ist 2021 verstorben. In seiner vorletzten Nachricht schrieb er mir, wir müssten diesen ganzen Kram schreiben, weil es unsere Art sei, mit der Welt umzugehen und wir würden kaputtgehen, wenn wir es sein ließen. Ich weiß, dass das pathetisch und wie aus einem Coming-of-Age-Roman aus den 90ern klingt, er wusste es auch, aber verdammt, es ist die Wahrheit.
Egal wie enttäuscht ich vom Veröffentlichen und allem, was daran hing, zuletzt war, ich habe immer geschrieben. Manchmal nur Fragmente, später Kurzgeschichten. Denn Dinge mussten nun mal ausgedrückt werden und manchmal reichen dafür Tweets und Fotos mit Wackelaugen nicht aus.
Romantechnisch ging seit 2019 nicht mehr viel, aber im Moment bin ich vage optimistisch. Anfang des Jahres habe ich für eine Neuauflage „Spielende Götter“ überarbeitet. Ich hatte Angst davor, wusste nicht, ob mir das noch gelingen würde. Aber es hat mir Spaß gemacht und ich freue mich, dass das Buch bald in überarbeiteter Version wieder bei ohneohren erscheint. Es hat mir auch Spaß gemacht, die Kurzgeschichten zu schreiben, und aktuell macht es mir sogar wieder Freude, an einem Romanprojekt zu arbeiten. Neue Verknüpfungen zu entdecken. Ideen miteinander zu vernetzen. Dinge auszurücken, ohne sie auszusprechen.
Ob aus alldem etwas wirklich Verwertbares entsteht, weiß ich noch nicht. Ach, was weiß man überhaupt aktuell über die Zukunft? Aber wie auch immer. Manchmal ist es okay, Sachen nur für sich zu schreiben. Und vielleicht etwas anderes zu veröffentlichen.