Koblenzer Barcamp 2018

Koblenzer Barcamp 2018

16. Juni 2018 2 Von FragmentAnsichten

Der 16. Juni 2018. Die ganze Literaturwelt ist auf dem LitCamp in Heidelberg. Die ganze Literaturwelt? Nein, eine Entität sitzt in ihrem Brühler Kabuff und schreibt einen Blogbeitrag. Eigentlich hatte sie zwar auch vorgehabt, nach Heidelberg zu fahren, aber irgendwie war in letzter Zeit zu viel los. Da war zum Beispiel das Koblenzer Barcamp (#bcko18), das am 8. und 9. Juni im Zentrum für Ernährung und Gesundheit stattfand und das nun noch einen kleinen Blogrückblick bekommt – wieder einmal eher ungeplant, aber irgendwie ist es hier ja Tradition geworden, über Barcamps zu berichten.

Die Koblenzer Ausgabe fand dieses Jahr zum vierten Mal statt, für mich war es allerdings Premiere. Thema war „Digitale Kommunikation“, und ausgerichtet wurde es von der Agentur 247Grad. Und, so viel schon mal vorneweg: Es war ein Agentur- oder ganz allgemein, ein Unternehmens-lastiges Barcamp. Nun muss ich auch sagen, ich war nur freitags da, wenn die meisten Privat-Besucher halt noch unterwegs sind, aber soweit ich das mitkommen habe, sah es auch samstags ähnlich aus. Viele Besucher kamen in Grüppchen von Unternehmen aus der Umgebung, und dadurch erklärt sich vielleicht auch, dass zwar sehr viele Besucher da waren, aber gemessen daran verhältnismäßig wenige Sessions angeboten wurden. Weshalb ich dann in einem Anfall von Alessandra-untypischer Spontanität beschlossen habe, auch noch eine anzubieten, aber dazu später mehr.

Auch viele der Sessions richteten sich dann eher an Unternehmen. Finde ich rückblickend nicht unbedingt schlecht, zumal ich auch in meiner Funktion als Social-Media-Redakteurin für meinen Arbeitgeber dort war. Aber ich hatte den Eindruck, dass dadurch ein wenig die Vielfalt gefehlt hat und viele Sessions eher eine Vorstellung im Stil von „wir machen das so und so“ waren. Aber erst einmal ein Blick auf die Sessions als solche.

Barcamp_Koblenz

Mit fancy Twitterwall!

 

Session 1: Bundeswehr auf der re:publica

Worum ging’s? Die Bundeswehr durfte nicht in Uniform an der re:publica teilnehmen und hat dagegen „demonstriert“, indem sie mit einem PR-Laster und Soldaten in Uniform fortfuhr. Ein Angehöriger der Bundeswehr, selbst Teilnehmer der re:publica, hat über sein inneres Dilemma angesichts dieser Situation gesprochen. Zugleich gab es eine Diskussion um die Frage, ob’s eine inländische „Cyberarmee“ braucht.

Warum bin ich rein? Klang nach einer spannenden Diskussion.

Was nehme ich mit?

  • PR-Aktionen sollten besser mit der PR-Abteilung oder -Agentur abgesprochen werden.
  • Die Bundeswehr (oder zumindest ein Teil von ihr) hat bissl naive Vorstellungen davon, was in Berlin gut ankommt.
  • Gute Argumente gibt’s auf verschiedenen Seiten.
  • Auch andere Arbeitnehmer sehen sich im Dilemma zwischen Privat- und Unternehmensmeinung.

Session 2: Kundenorientiere Kommunikation

Musste nach zwei Minuten raus, weil Anruf. Hatte danach keine Motivation, wieder reinzugehen. Nicht weil es mich nicht interessiert hätte, aber den Anfang nicht mitzubekommen, ist etwas meh.

 

Session 3: Azubi-Recruiting

Worum ging’s? 2018 sehen sich viele Unternehmen dem Problem gegenüber, nicht alle Ausbildungsplätze besetzt zu bekommen. Was lässt sich dagegen unternehmen?

Warum bin ich rein? Ich arbeite für eine Berufsschul-Kette, da erschien mir das Thema spannend.

Was nehme ich mit? Den durchschnittlichen Leser dieses Blogs wird es nicht besonders interessieren, aber ich muss sagen, es war tatsächlich meine Lieblingssession. Wir kamen zwar nicht zu einer richtigen Antwort, was man denn nun tun muss, um die jungen Dinger in den Betrieb zu bekommen, aber es kam eine lebhafte Diskussion mit Erfahrungsberichten auf, und ich fand es spannend, mal so persönliche Einblicke in die Arbeitsumfelder anderer Leute zu erhalten. Als Themenfazit konnte man sagen: was funktioniert, hängt stark von Betrieb, Standort und der jeweiligen Stelle ab. Während für einen Ausbildungsplatz als Mediengestalter oder Fachinformatiker das Internet das Mittel der Wahl ist, trifft man PTA-Interessierte vielleicht eher noch auf Jobmessen, wo idealerweise andere Azubis Erfahrungsberichte liefern können. Und während in Daunen Kinowerbung gut funktioniert, muss das nicht auch für Dortmund gelten, wo das Freizeitangebot viel breiter ist.

 

Session 4: Bedingungsloses Grundeinkommen

Worum ging’s? Warum ein bedingungsloses Grundeinkommen eine gute Idee ist.

Warum bin ich rein? Interesse am Thema bei gleichzeitiger Unwissenheit.

Was nehme ich mit?

  • Es gibt tatsächlich Leute, die rein gar nichts von einer 4-Tages-Woche halten. 🙁
  • Es ist ein Thema, das sehr emotional diskutiert wird (und wegen der Diskussionen kam leider die Präsentation zu kurz).
  • Ohne Bedingungsloses Grundeinkommen könnte es bald sehr finster für den Großteil der Arbeitnehmer aussehen.
  • Vielleicht sehen Befürworter des Grundeinkommens die Menschheit aber auch etwas zu idealistisch. Ist bissl wie mim Marxismus, wa.
  • Ich weiß nicht, ob Bedinungsloses Grundeinkommen als Eigenname gilt.

Session 5: Bloggen

Worum ging’s? Bloggen und Social Media – was veröffentlicht man und warum, welche Ängste bringt das mit sich, und wie unterscheiden sich privates und offizielles PR-Bloggen.

Warum bin ich rein? Ich hab die Session selbst gehalten, wäre also irgendwie doof gewesen, nicht hin zu gehen.

Was nehme ich mit? Für das PAN-Sonderheft der aktuellen Mephisto hatte ich drei Blogger aus dem Geek-/Literatur-Umfeld zur Frage interviewt, weshalb sie politische Themen aufgreifen (oder auch nicht) und welche Ängste und Befürchtungen das für sie mit sich bringt. Um Letzteres ging es mir eigentlich auch bei der Session, aber sie hat sich dann etwas verselbstständigt und ist in eine allgemeine Diskussion darüber umgeschwenkt, warum man Social Media eigentlich nutzt und welche Gefahren das privat und auch im Unternehmenskontext ggf. mit sich bringt, da man sich praktisch zur öffentlichen Person macht.

Ich war positiv überrascht über den lebhaften Austausch und dass das Thema – das gegenüber den anderen doch etwas herausgefallen ist – gut aufgenommen wurde. An dieser Stelle special thanks an den Neuwieder Unternehmens-Mitarbeiter und die Instagrammerin, die mit ihren Fragen und Erfahrungsberichten das Ganze maßgeblich mitgestaltet haben. Falls mir jemand den Account der Instagrammerin verraten kann, wäre das Zucker, denn dann müsste ich sie nicht ständig „die Instagrammerin“ nennen und könnte mir mal ein Bild von ihrem Tun machen. 😀

Mephisto PAN Sonderheft

Tolles Foto vom Artikel, der den Aufhänger für die Diskussion gebildet hat. Gibt’s als Teil der Mephisto 68 inzwischen übrigens auch regulär zu kaufen.
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Session 6: Coworking-Space gründen

Worum ging’s? Die Sessionleiterin möchte einen Coworking-Space eröffnen und bat um Input.

Warum bin ich rein? Im Heimatort meiner Eltern gibt es unzählige leerstehende Ladenlokale und ich hatte mal die sehr vage Idee, dass man dort irgendwann, so in 5 Jahren vielleicht, einen Coworking-Space eröffnen könnte. Da ich mich mit den Rahmenbedingungen von so etwas noch nie beschäftigt habe, hoffte ich auf praktische Anregungen.

Was nehme ich mit?

  • Coworking-Spaces sind Krieg.
  • Es gibt interessante Stammtische in Koblenz.
  • Schau ich in ein paar Jahren noch mal.

***

Insgesamt also mal wieder ein sehr bunter Barcamp-Tag, obwohl mir die richtig freakigen Themen ein wenig gefehlt haben. Ihr wisst schon – sowas wie „Wie spiele ich Ukulele, während ich chinesische Messenger hacke und dabei mein Unternehmensprofil datenschutzkonform gestalte“. Wenn ich den direkten Vergleich zum NetzpolitikCamp ziehe, das ja einen ähnlichen Ansatz verfolgt hat, dann erscheint mit das #bcko18 eher etwas bieder, oder, um es positiver auszudrücken, praktisch veranlagter. Beim NetzpolitikCamp war ich manchmal richtig mindblown, und da gab’s harte politische Kritik. Hier war’s eher so ein „joa, das kann man auch machen“ und bunter unternehmerischer Erfahrungsaustausch. Im ersten Moment fand ich das bei der Sessionplanung eher enttäuschend, aber rückblickend hat auch das seinen Reiz und ich denk, 2019 werd ich auch auf diesem Barcamp wieder auftauchen. Dann mit anderer Erwartungshaltung. (Und mit eigener Verpflegung, denn die war hier doch leider sehr tomatenhaltig.)


*Außer, es überschneidet sich mit dem Litcamp, denn irgendwann muss ich das doch auch mal auf die Reihe bekommen …