Maiansichten 2018
Dieses Mal widmen wir uns verschiedenen Nominierungen, dem (drohenden) Ende zweier Szene-Verlage, Illustratoren, die zu Autoren werden, einer Liste internationaler SFF sowie Eigenwerbung.
Schon ist das Ende des Mais heran und – oh Wunder, oh Wunder – dieser Blog existiert noch.* Also geht es auch wie gewohnt mit den Monatsansichten weiter. Geprägt war der phantastische Mai dabei vor allem von Veranstaltungen wie RPC, Fantasy Basel, German Comic Con Frankfurt und den Tolkien Tagen.
DPP und DSFP: Aktuelle Nominierungen
Parallel dazu regnete es Nominierungen und Preisverleihungen. Neben den im verlinkten Post besprochenen RPC Fantasy Awards kann man beispielsweise noch bis zum 15. Juni für den Deutschen Phantastik Preis abstimmen, zu dem meines Wissens weiterhin nicht klar ist, wo er dieses Jahr eigentlich verliehen wird. Wie schon in den letzten Jahren ist die Shortlist des DPP relativ Kleinverlags-lastig, aber natürlich finden sich auch viele große Namen und einige Selfpublisher.
Weiterhin sind Novellen unsinnigerweise unter „Kurzgeschichten“ eingeordnet; ob zumindest die Autoren aus Österreich und der Schweiz nicht mehr gegen die internationale Konkurrenz antreten müssen, geht aus der Liste nicht hervor.** Aber mal abseits vom Gemeckere – ich freue mich, viele befreundete Autoren wie Fabienne Siegmund oder Julia Maar unter den Nominierten zu finden. Persönlich empfehlen kann ich „Die Krone der Sterne“ von Kai Meyer und die „Frost & Payne“-Reihe von Luzia Pfyl sowie die Magazine „phantastisch!“ und „Geek!“ (das Ausrufezeichen ist offenbar ein thing unter den Magazintiteln). Alles andere habe ich leider noch nicht gelesen, aber unter den Grafikern kann man ja munter googeln.
Ebenso wurden die Nominierungen des Deutschen Science Fiction Preises (DSFP) bekanntgegeben. Auf der Liste finden sich u. a. Romane von Dirk van den Boom, Marc-Uwe Kling oder SERAPH-Gewinner Michael Marrak sowie Kurzgeschichten von Tom Turtschi oder Uwe Hermann. Alle Nominierten findet ihr hier, und wow, mit „Twilight Zoo“ von Jutta Ehmke findet sich sogar eine Frau darunter. -_-
Verlagsenden und ein Funken Hoffnung
Schlechte Nachrichten gab es diesen Monat für Horror-Fans: Nach zehn Jahren kündigte die Voodoo Press erst ihr Ende an, will nun aber mit einer Patreon-Seite doch noch einen Rettungsversuch starten. Ich wünsche ihr, dass er fruchtet – für die Horror-Szene ist der Verlag eine der Hauptanlaufstellen, und viele Autoren konnten hier erste Schritte machen. Tatsächlich die Pforten geschlossen hat zudem der erst 2017 gegründete Verlag K&K Books.
Vom Illustrator zum Autoren: Multitalente und Teamwork
Patreon kommt so langsam, aber sicher also auch unter der Verlags- und Autorenschaft an. Hatte vor einem Jahr auch mal einen Anlauf für diesen Blog gestartet, aber die Steuerbestimmungen dazu haben’s mich dann erst mal auf Eis legen lassen. Sehr etabliert ist die Plattform ja vor allem unter Illustratoren und Comic-Künstlern, und damit sind wir auch beim nächsten Thema: Auf Tor-Online widmete sich Christian Endres Illustratoren, die ins Roman-Fach wechseln. Die Talente zum Zeichnen wie auch zum Schreiben finden sich offenbar oft in Personalunion***. Ich habe den Eindruck, dass auch viele westliche Comic-Illustratoren inzwischen, wie im Manga längst üblich, lieber gleich die Texte mitliefern, anstatt sich mit Autoren zusammenzutun. Manchmal gelingt das auch sehr gut, aber ich bin durchaus auch ein Freund davon, Talente zu verteilen und im Team zu arbeiten. Ich meine, überlegt euch mal, was aus dem wunderschön gezeichneten „Angel Sanctuary“ hätte werden können, wenn nur die eigentlich sehr atmosphärische Geschichte weniger konfus erzählt worden wäre …****
„Angel Sanctuary“-Cosplay (Foto von Jez Kabanov unter CC BY-SA 2.0).
Die Serie hat die Manga-Kultur international mitgeprägt, aber die Story macht es einem nicht einfach, sie zu kapieren. Und ja, ich mache das Foto hier nur rein, damit es ein Vorschaubild gibt. Quotenbild quasi.
Internationale SFF im Mai
Wenden wir uns internationalen Beiträgen zu. Da begegnete uns auf Strange Horizons diesen Monat ein Artikel zum nigerianischen Ake Festival, auf dem zuletzt beispielsweise die Nommo Awards vergeben wurden. Erschienen ist der Beitrag im Rahmen einer Reihe zu afrikanischen SFF-Autoren.
Ambitioniert ist Rachel Cordascos umfangreiche Liste nicht-englischsprachiger SFF-Kurzgeschichten, die im Netz auf Englisch zu lesen sind. Rachel, die mir schon letztes Jahr bei meinem Artikel über deutschsprachige Phantastik im Ausland fürs Mephisto-Sonderheft 2017 weitergeholfen hat, forscht generell viel zu internationaler Phantastik und teilt dazu auf Twitter immer wieder interessante Links.
Nomoto spannt seine Netze aus
Zuletzt sei noch eigennützig darauf hingewiesen, dass ein neuer Roman von mir erschienen ist. „Die Netze von Nomoto“ ist Band 2 der SF-Reihe „Der Loganische Krieg“ und schließt an die Ereignisse aus Stefan Cernohubys „Aufstand der Betrogenen“ an. Jeden Monat erscheint ein neuer von insgesamt neun Bänden als E-Book, jeweils drei der Bücher werden später auch als Sammelbände herausgegeben. Eine Leseprobe findet ihr auf der Verlagsseite von Wurdack, dort könnt ihr die Bände auch kaufen. Weitere Infos auf der Roman-Unterseite und in diesem Blogpost.
So viel zu den dank diverser Events, Deadlines und der DSGVO relativ kurz ausgefallenen Maiansichten. Nun kommt mir möglichst unwetterfrei in den Juni!
*Viele andere haben dagegen zumindest zeitweise die Pforten geschlossen bzw. wurden auf privat gestellt, auch solche, die ich gerne und regelmäßig gelesen habe. Man könnte positiv zwar sagen, dass das Internet ein wenig aufgeräumt wurde, doch letztlich hat es jetzt eher aktive Blogs getroffen denn die tatsächlichen Leichen, um die sich ohnehin seit Jahren niemand mehr kümmert. Habe beispielsweise festgestellt, dass noch ein Uniblog im Umlauf ist, an dem ich mit beteiligt war. Als Nutzer wurde ich dort inzwischen entfernt – ich hatte darum gebeten, um nicht dafür auch noch einen AV-Vertrag abschließen zu müssen –, doch die Texte dümpeln immer noch durchs Netz, obwohl die Seite seit Jahren tot ist.
**Falls einer von euch einen der im Romanbereich Nominierten als österreichischen oder Schweizer Autor identifiziert, bitte melden 🙂
***Und ich finde es wahnsinnig schade, dass dieses Doppeltalent voll an mir vorbeigegangen ist. Ich kann gut schreiben (hoffentlich), aber wenn ich versuche, meine Figuren zu zeichnen, sehen sie eher aus wie rechteckige Möhren auf Stelzen. Oder, um es mit den Worten meiner ehrlichen Biologie-Sitznachbarin in der zwölften Klasse zu sagen, nachdem sie meine Mangazeichnungen im Heft gesehen hat: „Also, ich hab da schon Bessere gesehen …“
**** Nein, ich glaube nicht, dass das nur kulturellen Besonderheiten geschuldet ist. Aber wir können auch ein westlicheres Beispiel nehmen, mein geliebtes „A Midnight Opera“ etwa, das in der Erzählstruktur durchaus auch hätte gewinnen können. Hm, vielleicht ist das ein Manga-Ding.
[…] SF-Preise Autorinnen wenig berücksichtigen, obwohl sie auch Kleinverlagsliteratur auszeichnen. Unter den dieses Jahr für den DSFP Nominierten fand sich eine einzige Frau, obwohl man nun nicht sagen kann, dass es kein „Material“ […]