Oktoberansichten 2017
… in denen es uns ein wenig an Themen mangelt. Aber zum Glück kann man viel über Kazuo Ishiguro reden.
Ähm. War was? Ich hab das Gefühl, die meisten Blogs und Webseiten wurden diesen Monat ganz von Frankfurter Buchmesse und BuCon beherrscht. Da ich denen schon einen eigenen Beitrag gewidmet habe, gibt es ja kaum noch was zu berichten.
Das Label Phantastik und wer es tragen darf
Na ja, nicht ganz. Es gab ja noch ein Leben vor der Buchmesse, 2015 beispielsweise, als ich sage und schreibe dreimal einen Beitrag über Genre-Kleingeistigkeit und Kazuo Ishiguro angekündigt habe. Dieser Beitrag existiert nicht. Es gibt ein paar lose Fragmente in den Tiefen des Dashboards, aber der beklagenswerte Zustand, in dem sie sich befinden, sollte mir eine Lehre sein, Beitrage erst dann anzukündigen, wenn ihr Ende halbwegs absehbar ist. Anyway, inzwischen hat Kazuo Ishiguro den Literatur-Nobelpreis bekommen und damit wurde die Diskussion wieder aufgewärmt. Das wäre natürlich meine Chance gewesen, doch noch was aus diesen Fragmenten zu machen, aber … ach, da wäre ich jetzt eh nur noch ein später Folger.
Kazuo Ishiguro (Foto von Mariusz Kubik unter CC BY-SA 3.0)
Ein Beitrag zum Thema kam diesen Monat beispielsweise schon von Lars Schmeink. Sein Pro und Contra zur Frage, inwiefern Kazuo Ishiguro nun ein Autor der Fantastik ist, lässt mich nachvollziehen, warum diese Debatte überhaupt existiert – für mich stand außer Frage, dass sich einige von Ishiguros Werken zur Phantastik zählen lassen, wenn auch nicht unbedingt zur Fantasy. Zugleich finde ich es eigenartig, die Tatsache, dass es Ishiguro nicht um eine Sekundärwelt geht, sondern die verwendeten phantastischen Elemente für ihn „Versatzstück[e]“ sind, als Contra-Argument auszulegen. Wenn man das als Ausschlusskriterium für einen Phantastik-Autor sieht, fallen viele Genre-Namen weg – Viktor Pelewin beispielsweise, Laurent Gaudé oder Leif Randt. Bei näherer Betrachtung natürlich alles nicht gerade die klassischsten SFF-Autoren. In einer Leserunde zu „Vor meiner Ewigkeit“ beschwerte sich eine Leserin mal, dass die Geschichte nicht wie beworben Fantasy sei, sondern eher ein Psychogramm mit ein paar Vampiren. Ich hab diese Bemerkung zugegebenermaßen etwas belächelt, aber gut, wenn man Schmeinks Contra-Sichtweise heranzieht, mag sie sogar Recht gehabt haben. Insofern bin ich um eine mögliche Perspektive reicher geworden. Yay.
Es bestenlistet
So genau wie Schmeink nimmt es die Phantastische Bestenliste mit ihren Definitionen nicht, sonst wäre wohl „Exit West“ nicht dabei. Seit Oktober wird hier jeden Monat per Juryentscheid die Top 10 der SFF-Literatur gekürt, wobei es sich um Veröffentlichungen der letzten zwölf Monate handeln muss. Man darf gespannt sein, was dabei herauskommt. Bis jetzt haben wir jedenfalls eine recht TOR-intensive Liste.
Veranstaltungen, Halloween und Sowjet-SF
Ansonsten gab es auch fern von Hessen ein paar phantastische Veranstaltungen, beispielsweise die Dragon Days in Stuttgart, die Kitty Moan Con in Langenfeld oder die Bonner Buchmesse. Ah, außerdem wurde Margaret Atwood – noch so einer Ja-Nein-Vielleicht-Phantastin – der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels überreicht. Finden wir gut. Ebenso wie Peter Schmitts Geschichte des modernen Halloween in Deutschland sowie die Auswahl an mir bis dato völlig unbekannten SF-Filmen der Sowjetunion, die diesen Monat auf tiff vorgestellt wurde.
Etwas kontextfrei, aber kommt, die Augen sind süß! (Quelle: Pixabay).
Soweit zu den ausnahmsweise sehr kurzen Monatsansichten, im November wird es dann mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder länger. Dann findet am 25. und 26. November auch die Buch Berlin statt, auf der man mich mit nicht ganz so hoher, aber doch ordentlicher Wahrscheinlichkeit samstags antreffen kann.
Herzlichen Dank für den Shout.out! 🙂
Und der tiff – Link ist wirklich interessant. Eine ganze Reihe von den Flicks war mir bislang auch noch nicht bekannt. Nicht mal dem Namen nach …
„Ferat Vampire“ / „Der Autovampir“ muss ich mir unbedingt mal anschauen. Juraj Herz ist ein faszinierender Filmemacher. Sein „Cremator“ / „Der Leichenverbrenner“ ist großartig, und mit „Das neunte Herz“ hat er außerdem einen meiner persönlichen Favoriten unter den tschechoslowakischen Märchenfilmen der 70er gedreht.
Kleine {oder kleinliche?} Kritikpunkte zu dem tiff – Artikel: Meines Wissens nach hatte Roger Corman nichts mit der amerikanischen Fassung von „Der Schweigende Stern“ zu tun. Auch spielt der Film {anders als Stanislaw Lems Romanvorlage} nicht im „kommunistischen“ 21. Jahrhundert, sondern in den 70er Jahren, in einer Welt, die nachwievor vom Kalten Krieg dominiert wird.
Hui, da spricht der Experte. Ich kenne gar keinen Film in der Richtung, der Artikel war für mich wie der über phillipinische SF, den ich vor ein paar Monaten mal geteilt habe – absolutes Neuland.
Sag mal … was ist eigentlich ein „Flick“? Das frag ich mich schon dauernd bei Twitter …
Flick: amerikanische Umgangssprache für „Film“, auf Deutsch vielleicht am besten „Streifen“
Ah, danke. Wieder was gelernt.