Top 7: Funtasy

Top 7: Funtasy

Vor ein paar Wochen saß ich im Zug, und mir gegenüber hat sich eine Frau Mühe gegeben, nicht in Tränen auszubrechen. Während ich überlegt habe, ob ich sie fragen sollte, was los ist oder es doch besser wäre, sie einfach in Ruhe zu lassen, habe ich sie wohl ziemlich auffällig unauffällig angestarrt. Jedenfalls hat sie irgendwann aufgeguckt und mit einem „So traurig!“ auf ihr Buch gewiesen (ich weiß den Titel nicht mehr; eines mit diesen Pastellcovern, die einem eigentlich Friede, Freude, Love & Landscape versprechen). Das war einigermaßen unterhaltsam und durchaus verständlich. Häufiger begegnen mir allerdings Mitfahrer, die sich beim Lesen mühsam das Lachen verkneifen. Ausgiebige Recherchen und Erfahrungswerte haben ergeben, dass diese Zeitgenossen für gewöhnlich entweder „Die Känguru-Chroniken“ oder etwas von Terry Pratchett lesen. Inspiriert von diesen fröhlichen Lesern und der Tatsache, dass heute Weltlachtag ist, habe ich beschlossen: Es ist Zeit für eine Top 7-Liste zu Funtasy-Büchern.*

Im ersten Moment dachte ich, es wäre schwierig, sieben (halbwegs gute) Bücher zu finden, denn spontan fallen mir zu diesem Thema immer nur Terry Pratchett, Martin Scott und völlig übertriebene Parodien und Persiflagen ein.** Letzten Endes stellte sich die Liste der möglichen Titel aber doch als so umfassend heraus, dass ich schweren Herzens die Science-Fiction-Werke (und damit Diverses von Lem & Adams), Kinderbücher („Die Zauberwald-Chroniken“) und Comics („Die Geißeln von Enharma“) wieder herausgenommen habe.***

Wohlan. Meine Top 7 der humorvollen Fantasy:

1. „Die Brautprinzessin“ von William Goldman

Ja, okay. Ich bin reingefallen. Ich dachte beim ersten Lesen wirklich, es gäbe noch eine ungekürzte Ausgabe von diesem Herrn Morgenstern und war einigermaßen enttäuscht, diese nirgends finden zu können. Denn das Buch war einfach zu gut, und wenn es schon keine Fortsetzung gab, wollte ich wenigstens noch die fehlenden Teile lesen. Wurde nichts draus. Eine Ein-Kapitel-Fortsetzung namens „Butterblumes Baby“ gibt es dagegen durchaus, aber die ignorieren wir und lesen uns stattdessen noch einmal durch, wie Westley und Butterblume durch den Feuersumpf fliehen, Inigo Rugen stellt oder Fezzik … nun ja, Fezzik ist.

2. „Scheibenwelt“ von Terry Pratchett

Theoretisch könnte ich ab jetzt nur noch Scheibenwelt-Bücher nennen, aber das wäre etwas eintönig, daher nehmen wir eben die ganze Reihe. Wobei ich finde, dass es hier durchaus krasse Qualitätsunterschiede gibt. Die ersten Bücher der Reihe waren mir noch zu ziellos und parodistisch, der Humor war eher Genre-orientiert und noch nicht so richtig in die Handlung eingewoben. Zu meinen Favoriten, bei denen das besser geklappt hat, zählen die Tiffany Weh-Bände, „Maurice der Kater“, „Lords und Ladies“ sowie „Alles Sense“. Außerdem die Anthologie/Essaysammlung „Die ganze Wahrheit“, aber wenn ich mich recht erinnere, waren darin nicht nur Scheibenwelt-Geschichten enthalten.
Wird Zeit für eine Top 7 von Scheibenwelt/Pratchett-Romanen, was.

3.“Pepper Martin“ von Casey Daniels

Die „Pepper Martin“-Reihe ist eine von vielen, die Urban Fantasy mit Krimi- und Chick Lit-Elementen kreuzt. Anders als viele vergleichbare Reihen verliert sie sich aber glücklicherweise nicht allzu sehr in Sexismus-Klischees und legt überhaupt den Fokus mehr auf die Ermittlungsarbeit von Untoten-Privatdetektivin Pepper Martin als auf deren Schuh- und Männergeschichten (auch wenn durchaus beides eine Rolle spielt). Die Figuren sind sympathisch, der Humor passend, die Fallauflösungen ebenso wie die übergeordnete Handlung unvorhersehbar. Damit mehr „Die Flüsse von London“**** als „Bridget Jones“. Hierzulande sind sieben der (bislang?) zehn Bände bei Feder&Schwert erschienen, inzwischen allerdings nur noch antiquarisch zu bekommen.

4. „Die Chronik des Eisernen Druiden – Gehetzt“ von Kevin Hearne

Eines dieser Bücher, das in fast jeder meiner Top-Listen auftaucht. Und wie schon in der zur keltischer Fantasy oder der zu 2016 erwähnt – die Handlung rund um die Scherereien des Druiden Atticus mit diversen Göttern ist zwar ziemlich abstrus, aber auch voller gelungener Einfälle. Neben Pratchett-Romanen der heißeste Anwärter für Lachanfälle in der Öffentlichkeit.
In der Erstaufgabe erschien der Band auch unter dem Titel „Die Hetzjagd“.

5. „Mara und der Feuerbringer“ von Tommy Krappweis

Dieser Trilogie-Auftakt hat drei Vorteile gegenüber der Masse an anderen Urban Fantasy-trifft-Mythologie-All Agers: Erstens Situationsbeschreibungen, bei denen Kopfkino keine Phrase bleibt. Zweitens mehr Abenteuer als Romantasy. Und drittens einen lakonischen Humor, der stärker ausfällt als bei der Konkurrenz, dabei aber eine grundsätzliche Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit behält. Zu verdanken ist die gelungene Gradwanderung gleichermaßen der Hauptfigur wie auch der Einflechtung der mythologischen Elemente. Ein bisschen eine Jugendmischung von „Nebenan“ und „Gehetzt“.

6. „Nebenan“ von Bernhard Hennen

Apropos „Nebenan“: Der Roman um ein paar Kölner Rollenspieler, die die Welt vor Märchen- und Sagenfiguren retten muss, glänzt vor allem durch Lokalkolorit. Sind einzelne Elemente aber durchaus gelungen (etwa die Eigenarten des Kölner Doms), sind andere doch etwas zu albern und klischeeüberladen geraten – erinnert ein wenig an „Galaxy Quest“ in der Eifel. Insgesamt gelungener ist der im selben Universum angesiedelte Jugendroman „Alicia“, der allerdings weitaus humorärmer daherkommt.

7. „Bannsänger“ von Alan Dean Foster

„Bannsänger“, der Auftakt der gleichnamigen Reihe um einen Jurastudenten, den es in eine Parallelwelt verschlägt, war gemeinsam mit „Erdzauber“ und „Der Sohn der Sidhe“ einer meiner ersten Fantasyromane und mein erster Funtasy-Band. Ob es nun an Fosters Schreibstil lag oder an den sprechenden Tieren – generell ein Element, das ich nicht besonders mag –, jedenfalls konnte mich das Buch nicht besonders vom Hocker reißen. Wenn Jon-Tom, Protagonist und musikalisch versierter Zauberer, durch sein Real-Life-Vokabular die Fantasywelt und deren magische Gesetze verwirrt, hat das aber durchaus Charme.***** Irgendwann sollte ich auch dieser Reihe noch einmal eine Chance geben …

So viel zu meinen Top 7. Wie immer die Frage, wen ihr in dieser Liste vermisst. Wo versteckt ihr euch, ihr Landover-Fans, Glen Cook-Verfechter und Gaimaniacs?

Achso, und – Lachen nicht vergessen! Bitte, danke.******


* Natürlich hätte ich auch direkt damit einsteigen und die weinende Frau überspringen können. Aber da der letzte lachende Pratchett-Leser schon länger her ist, erschien mir das unangemessen. Der letzte nicht-lachende Pratchett-Leser ist aber noch nicht lange her. Nora Roberts, Terry Pratchett und George R. R. Martin sind die Könige der Straßenbahn-Lektüre! (Und ich finde es enttäuschend, wie schwierig es ist, bei E-Book-Readern herauszufinden, was die Mitfahrer lesen.)
** Martin Scott allerdings nur, weil mir Eric dessen Bücher immer wieder ans Herz legt. Ich hab sie immer noch nicht gelesen, behalte sie aber stets im Hinterkopf.
*** Es gibt für humorvolle Science Fiction halt auch nicht so einen knackigen Begriff. Sollte man vielleicht mal einführen. Science Function. Nein, das klingt nach was anderem. Smiling Fiction. Smilence Fiction. Wir arbeiten dran.
**** Was nur deshalb nicht in der Liste auftaucht, weil ich es noch am Lesen bin.
***** Später ist das Motiv sehr ähnlich in Matthew Sturges‘ „Midwinter“ aufgetaucht. Ich frage mich immer noch, ob das eine beabsichtigte Hommage war.
****** Man sagte mir gestern, die Fußnoten seien störend, weil sie unangenehme Erinnerungen an Unizeiten wecken. Hiermit entschuldige ich mich bei allen traumatisierten Ex-Studenten für alle bestehenden und kommenden Fußnoten. Ich mache weiter wie bisher.