Januaransichten 2022

Januaransichten 2022

31. Januar 2022 3 Von FragmentAnsichten

Monatsansichten-Finale. Feat. u. a. SERAPH und kommende Veranstaltungen, Schwerter und Roboter, Hopepunk und Squeecore.

2021 ging und 2022 startete – zumindest hier – ziemlich sanglos. Dennoch, wir haben ein neues Jahr und die Tradition, im Januar besonders viele Beiträge auf die Menschheit loszulassen, scheint sich mir auch 2022 bewährt zu haben. 22 Hinweise auf Artikel, Podcasts und Ereignisse habe ich mir aufgeschrieben. Mal schauen, wie viele es tatsächlich reinschaffen.

SERAPH-Nominierungen 2022

Fangen wir mit dem SERAPH an, dessen nominierte Titel im Januar bekanntgegeben wurden. In der Verlagsroman-Kategorie können sich u. a. Jenny-Mai Nuyen (für „Kalt wie Schnee, hart wie Eisen“), Janna Ruth („Memories of Summer“), James Sullivan („Das Erbe der Elfenmagierin„) oder Joshua Tree („Singularity“) Hoffnungen auf den Award machen, in der Independant-Kategorie Ju Honisch („Weltendiebe“) oder Jessica Iser („Deathbound“). Es sind aber auch Leute nominiert, deren Vorname nicht mit J anfängt. In der Debütroman-Kategorie beispielsweise Laura Dümpelfeld mit „Lemmy Lokowitsch“. Und auch wenn die anderen Debütant*innen, darunter Sarah Raich oder Robert von Cube, sicher ebenfalls äußerst lesenswerte Titel veröffentlicht haben, muss ich zugeben, hier ein klein wenig parteiisch zu sein … Dennoch herzlichen Glückwunsch an alle Nominierten! Die Gewinnertitel werden – wenn Corona nicht einen Strich durch die Rechnung macht – im Rahmen der LBM auf der Fantasy-Leseinsel verliehen. Eine Liste aller insgesamt 32 nominierten Bücher findet ihr auf der Website der Phantastischen Akademie.

Jubiläen und frische Ausgaben

Grund zum Feiern gab es darüber hinaus auf dem Blog Skalpell & Katzenklaue, denn der wurde im Januar zehn Jahre alt. Anlässlich dessen wirft Peter Schmitt einen Blick zurück. Auf Twitter wurden zudem einige ältere Beiträge noch einmal ins Gedächtnis zurückgerufen.

Munter weiter geht es ebenso bei diversen Magazinen: Sowohl die phantastisch! als auch die !TimeMachine und die Queer*Welten haben im Januar neue Ausgaben herausgebracht. Selbiges gilt für die Gesellschaft für Fantastikforschung, deren jüngster Zeitschriftenband sich der Hoffnungsforschung widmet.

Von Hopepunk bis Squeecore

U. a. geht es in der ZfF-Ausgabe um Varianten von Hope- und Solarpunk. Beides war wiederum mal mehr, mal weniger offensichtlich auch an anderen Stellen Thema: Die BBC kramte Hopepunk hervor, everybodys Solar-Darling Kim Stanley Robinson wurde eingehend in The New Yorker beleuchtet, und Sarena Ulibarri von der World Weaver Press brachte Hope- und Solarstuff in einem Essay über „Horror and Hope in Climate Fiction“ zusammen.

Robotervater und Roboterkind im Regen
Horror, hope and a bit of squee? („Fatherly love“ von ptitvinc via DeviantArt unter CC BY NC ND 3.0)

Wiederum fällt mir dabei allerdings auf, dass „-punk“-Begriffe immer häufiger umschrieben werden, nachdem sie lange gerade wegen ihrer Griffigkeit beliebt waren. Hintergrund könnte im Januar mit die vornehmlich in der US-Szene (?) geführte Debatte über squeecore sein. Der Begriff fiel wohl zunächst in zwei Folgen des Rite Gud Podcasts, um einen Trend in der Gegenwarts-SFF zu umschreiben. Squeecore ist demnach eine Form aufbauend-optimistischer Phantastik (bzw. vornehmlich Science Fiction) mit didaktischen Ansprüchen und Einflüssen aus Popkultur und YA-Fiction. Was nun aber erst mal neutral klingt, ist anscheinend als Kritik gemeint gewesen. Darauf haben eine Reihe von Leuten reagiert, darunter Cora Buhlert, die darüber hinaus eine übersichtliche Erklärung bereithält. Für mein (niemals) abschließendes Urteil über die Debatte, die sich inzwischen in verschiedene Sub-Scharmützel ausgefächert hat, muss ich mich stärker einlesen, aber ich gehe auf jeden Fall mit Cora d’accord, was die Feststellung angeht, dass „squeecore“ (worunter wohl z. B. Hope- und Solarpunk fallen sollen) zwar schon halbwegs als Trend erkennbar ist, aber nicht ohne Konkurrenz. Schon in der FBM-Diskussion zu Dystopien im letzten Jahr sagte ich, dass Dystopien oder Grimdark keineswegs out sind. Sie haben zwar optimistischere Gegenparts oder eher Varianten erhalten, aber die Leute lieben dennoch grimme Joker, Batmans und Co. und die Buchläden sind weiterhin voller Dystopien. Ich meine, wir leben in einer f*cking Pandemie – bei aller Liebe zu Hoffnung against all odds, manchmal kann mich der Optimismus auch gern haben.

Wo man sich 2022 treffen könnte

[Tonwechsel] Apropos. Etwas differenziert sieht die Hoffnung in Sachen Veranstaltungen aus: Was hier tatsächlich 2022 stattfindet, wird sich erst wieder im Laufe des Jahres zeigen, aber die LBM ist weiterhin guter Dinge, im März zu laufen*, und ich freue mich, dass auch das Bendorfer Steampunk-Event Kohle, Dampf und Eisenglanz laut Anachronika nach dem gelungenen Start von 2019 eine zweite Ausgabe wagen will. Die CCXP hingegen, die ebenfalls 2019 das erste Mal gestartete Kölner Comic-Con-Variante, wurde still und leise auf 2023 verschoben. Bereits im letzten November fand übrigens die finale Ausgabe des traditionsreichen PentaCon statt, zu dessen Geschichte Nobert Fiks kürzlich einen Beitrag auf seinem Blog veröffentlicht hat.

Erlöser, Bibliotheken, Roboterliebe: Weiteres

Und sonst? Ann Mbuti hat keine Lust mehr auf Erlöser (düdüm!). Afrofuturismus-Autor Maurice Broaddus erhielt ein Portrait in der Indianapolis Monthly. Benjamin Dose schrieb für die Teilzeithelden über Schwerter. Maja Ilisch nächtigte in der Phantastischen Bibliothek Wetzlar. Ich sprach im NEXT-Podcast über meine Romane, E-Learning und Subgenres. Arte stellte die Frage, ob wir Roboter werden lieben können, wobei Rückverweise auf SF-Werke nicht zu kurz kamen. Und Yvonne Tunnat schaute sich an, wie die Geschlechter- bzw. Genderverteilung bei SF-Kurzgeschichten im letzten Jahr aussah.

Holger M. Pohl verstorben

Zum Ende des Monats kam leider auch noch eine sehr traurige Nachricht: Am 27. Januar ist Holger M. Pohl mit 63 Jahren überraschend verstorben. Ich hatte nicht direkt persönlichen Kontakt mit ihm, aber wir sind uns auf vielen BuCons über den Weg gelaufen und haben zwei Jahre gemeinsam an „D9E: Der Loganische Krieg“ gearbeitet; er als Redakteur, ich als Autorin. Er wirkte vom Fantasyguide über Phase X bis hin zu seiner Arkland-Buchreihe an zahlreichen Projekten mit und war meinem Eindruck nach immer mit sehr viel Enthusiasmus und Genre-Liebe an Bord. Er wird fehlen.

Nachrufe auf ihn haben Markus Mäurer und Dirk van den Boom verfasst.

Dirk van den Boom, Stefan Cernohuby, Alessandra Reß, Holger M. Pohl und Ernst Wurdack sitzen vor Mikrofonen. Holger M. Pohl redet.
Dirk van den Boom, Stefan Cernohuby, ich, Holger M. Pohl und Ernst Wurdack bei der Vorstellung von „D9E: Der Loganische Krieg“ auf dem BuCon 2017.
Danke an Jörg Ritter für das Foto.

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Genug der Ansichten

Damit (ausgerechnet!) enden die Januaransichten 2022 und mit ihnen die Monatsansichten generell – zumindest vorerst. Vor genau sieben Jahren habe ich sie gestartet, seither gab es keine einzige Pause. Sie waren das Herzstück dieses Blogs, haben ihm eine Struktur gegeben. Deshalb fällt es mir schwer, mich von ihnen zu trennen. Sie waren meine Möglichkeit, zu dokumentieren, was in der Szene vor sich geht, dabei neue Trends und ~Genres~ zu besprechen und mich auf vertrautem Boden mit Themen auseinanderzusetzen, für die mir Social Media ungeeignet erscheint.

Allerdings haben sie nicht nur einmal auch ziemlichen Stress bedeutet. Egal, ob ich im Krankenhaus lag, ob es private Trauerfälle gab oder einfach nur viel auf der Arbeit los war; ich hatte immer das Gefühl, in der Szene noch up to date bleiben zu müssen, um die Monatsansichten zu veröffentlichen. Niemand außer mir selbst hat das erwartet, aber eine Lücke wäre mir als Versagen vorgekommen. Auch diesen Monat wollte ich sie wieder schreiben, obwohl ich den Großteil davon krank im Bett lag und eigentlich kaum kapiert habe, was ich mir da durchgelesen habe – weshalb das jetzt mehr eine Themenaufzählung statt einer -besprechung wurde, was nicht ganz meinem Anspruch entspricht. Ich fürchte, wenn ich so weitermache, sammel ich noch mehr Gürtelrosen und meine Romane werden auch nicht fertig, daher die kurzfristige Entscheidung zu dieser Pause (JOMO, yay!). Oder diesem Schlussstrich, aber ich war noch nie der Typ für konsequente Enden. Vielleicht habe ich in einem halben Jahr den Kopf wieder frei genug, aber wenn nicht, dann halt nicht. Mit dem Blog selbst geht es weiter, und idealerweise gibt mir das Ende der Monatsansichten auch die Chance für neue Formate, die bisher aus zeitlichen Gründen immer nach hinten verschoben wurden. Schließlich will ich mir auch in Zukunft nicht die Möglichkeit nehmen, euch von neuen Entwicklungen wie der antarktischen Space Opera, CyberGolden New PunkCore Weird SqueeWave oder Kitchen Sink Utopia zu erzählen. Und für den Februar ist schon eine kleine Kooperation mit Tino Falke geplant, der mehr Ahnung von Batman hat als ich. Also – stay tuned und danke an alle, die regelmäßig nachgelesen haben, was ich zu Ende jeden Monats hier von mir gegeben habe!


*Sofern mich nicht eine spontane Reisemuse knutscht, werde ich dieses Jahr nicht an der LBM teilnehmen.

P. S.: Ich freue mich weiterhin über Anerkennung in Form von Heißgetränk-Unterstützung via Ko-Fi.