Oktoberansichten 2018

Oktoberansichten 2018

30. Oktober 2018 0 Von FragmentAnsichten

Wir philosophieren über unterschiedliche Szene-Generationen und Ballkleid-Kriegerinnen und verweisen auf diverse Awards sowie Artikel über Mars-SF, neue und alte Subgenres sowie einen Podcast-Tipp.

Preisregen und Generation wtf

Nachdem die Septemberansichten eher dünn ausfielen, war der Oktober wieder reich an Ereignissen und mir über den Weg gelaufenen Artikeln. Über die Buchmesse und den BuCon habe ich ja bereits berichtet, ergänzend aber noch der Hinweis auf den BuCon-Ehrenpreis, der dieses Jahr an DSA-Urgestein Werner Fuchs ging.

Am Rande ist mir anhand dieses Ehrenpreises mal wieder aufgefallen, wie die Phantasten inzwischen in viele kleine Szenen zerfallen sind, die sich beispielsweise nach Origin oder Alter aufteilen. Soll heißen: Noch bis Anfang/Mitte der 2000er kamen viele Leute über das Rollenspiel rein; inzwischen landen die Leute hier oft eher über bekannte Buchreihen oder das Bloggen. Die tendenziell älteren Rollenspiel-Leute kennen natürlich jemanden wie Werner Fuchs, dagegen sorgt in der ebenso tendenziell jüngeren Blogger-Szene selbst der BuCon für Fragezeichen. Das soll jetzt keine Wertung in irgendeiner Form darstellen, es ist nur so etwas, was mir bei diesem Ehrenpreis-Anlass auffiel. Und natürlich ist Alter hier auch total relativ und so zu sehen. Klar. Logisch.

Die hippen, relativ jungen Dinger jedenfalls gehen eher auf Comic Cons, und im Oktober fand ja auch deren Berliner Version statt, die mit der Phantastika fusioniert hatte. Nach allem, was ich so mitbekommen habe, lief das eher semigut ab, aber inzwischen lassen sich zumindest die Gewinner des Deutschen Phantastik Preises auf der offiziellen Seite finden. Demnach haben u. a. Kai Meyer für „Die Krone der Sterne“, Julia Dippel für „Izara – Das ewige Feuer“ und Sandra Florean für „The U-Files“ die Trophäe mit heimnehmen dürfen.

Und wenn wir gerade bei Preisen sind, weisen wir noch auf die Buchstudent Awards hin, die 2019 erstmals vergeben werden sollen – und das in Kategorien wie „Bester Protagonist“, „Bester Antagonist“ oder „Bester Plot-Twist“. Ich weiß nicht viel über diesen Award, aber finde, das ist schon mal eine erfrischende Kategorisierung. Nominiert werden können Inhalte aus den letzten fünf Jahren, und das noch bis Mitte 2019. Also ist auch das meiste aus meinen Romanen nominierbar. Just sayin‘.

Sword’n’Gown und warum ich Yennefer mag

Auf Tor-Online ging mein Artikel zur Science Fantasy online. Bereits im September war die Low Fantasy dran, und wer einen ausführlicheren Blick auf dieses Genre haben möchte, wird auf Skalpell und Katzenklaue fündig. In zwei sehr ausführlichen Artikeln ging es dort um die frühe Sword & Sorcery (Nr. 1, Nr. 2).

Und wo wir damit gerade bei schwertschwingenden Amazonen sind, können wir noch einen Artikel von Katharina Jach erwähnen, in dem sie sich über Ballkleid-Kriegerinnen auslässt. Primär geht es in ihrem Beitrag dabei um die Frage, weshalb selbst die härtesten Amazonen ihre Arbeit immer noch sexy verrichten müssen. Auch wenn es mich persönlich immer noch mehr stört, dass weibliche Stärke in der Fantasy meist bedeutet, dass die Frau halt auch mal ein Schwert schwingen darf, sehe ich natürlich Jachs Punkt. Die Covergestaltung finde ich dabei marketingtechnich nachvollziehbar und sehe sie auch nicht als rein „weibliches“ Problem – schließlich kommt auch der durchschnittliche Coverboy normalerweise nicht als pickliger Lauch daher. Aber gerade dieses Ding, dass Frauen keine wie auch immer gearteten Makel aufweisen dürfen, ist scho hart ärgerlich. Ich weiß, auch Männerfiguren müssen oft den maskulinen Helden markieren. Aber manchmal dürfen sie halt auch mal ein nerdiger, intelligenter Lauch* sein und haben trotzdem Erfolg. Weiblichen Figuren ist das selten vergönnt, so auf Anhieb fällt mir da höchstens Art3mis aus „Ready Player One“ ein, die prompt im Film aufgehübscht wurde.**

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Kriegerinnen-Prototyp (Bild von SilviaP_Design, Pixabay)

Ein Teil von mir muss zugeben, hübsche Protagonisten schon irgendwie zu bevorzugen. Oder hm, nein, ganz lässt sich das nicht halten. Es ist eher: Wenn nicht erwähnt wird, ob sie attraktiv ist oder nicht, wird sie das automatisch in meiner Vorstellung. Gleichzeitig nervt mich jedoch auch, wenn dauernd ohne nähere Spezifizierung erwähnt wird, wie hübsch die Prota ist.***

Ein anderer Teil von mir sieht durchaus Identifikationspotenzial darin, einer Protagonistin einen bewussten visuellen Makel anzuhängen. Wisst ihr, ich hab diesen Rundrücken (never use the word with B!), hab ihn schon als Kind gehabt und trotz Physiotherapie nie ganz wegbekommen. Und ich kam mir damit immer wie ein Mängelexemplar vor, vor allem als Teenager, als ich zusätzlich so dürr war, dass er halt ziemlich auffiel. Ich weiß, dass ich mich damals über diese ganzen sportlichen Literatur-Heldinnen mit flachen Bäuchen und gerader Haltung geärgert habe, und auch über Hermine, die zwar immer bisschen krumm geht, aber flupps, an ihrem Abschlussball plötzlich ein Schwan ist, weil klar, Bücher weg und schon hat man einen geraden Rücken, ne. Als ich dann irgendwann „Der letzte Wunsch“ gelesen habe und da stand, dass Yennefer bu-, äh krumm ist, dachte ich so „Yesss, Frau, wir verstehen uns“. Natürlich, weil sie eine große Zauberin ist, sieht ihr das niemand mehr an, Magie macht’s möglich. Aber ey, es war besser als nichts, und Yenni und ich, wir sind seither Besties. Auch wenn ich die „Geralt-Saga“ danach nicht weitergelesen habe, aber that’s another story.

Fiktive Welten und … Spülendystopien?!

So. Warum ist das jetzt denn so ausgeartet, eigentlich wollte ich gar nichts weiter zu dem Artikel schreiben. Na ja, was soll’s. Wir verlassen die Fantasy, verweisen aber noch auf einen Podcast-Tipp von Nils Müller über die Frage, was fiktive Welten über unsere eigene aussagen. Habe mir den ehrlich gesagt nicht selbst angehört, weil Englisch + Podcast war mir bisschen zu hart, aber ich will mal darauf hingewiesen haben.

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Mars und SF, was eine Liebesbeziehung (Bild von TPHeinz, Pixabay)

Weiter geht’s zur Science Fiction. Von Mike Ashley gab es hier einen Überblick zur Geschichte der Mars-SF, während Jay Owens sich mit neuen SF-Genres beschäftigte. Gerade Owens Artikel finde ich sehr spannend; muss zugeben von einigen dieser Genres vorher noch nie was gehört zu haben.**** Ich meine, Afrofuturismus und CliFi sind ja schon alte Hüte, aber – chaohuan? Kitchen Sink Dystopia? Dafuq? Na, es wird jedenfalls nicht langweilig in der globalen SF.

Und mit dieser tiefsinnigen Erkenntnis verabschieden wir uns so langsam in den letzten Oktobertag. Macht’s gut!


*Weiß auch nicht, was ich heute mit dem Wort habe.
**Jo, die männlichen Figuren wurden auch zumindest verschlankt.
***Noch mehr nervt es aber wiederum, wenn wie in meinem liebsten guilty pleasure „Faeriewalker“ ständig erwähnt wird, dass die Prota nicht übermäßig hübsch ist, aber nicht gesagt wird, warum. Ich meine, was soll die Aussage? Was soll man sich unter nicht übermäßig hübsch vorstellen?! Das ist dann einer der seltenen Momente, in denen ich den Sinn von „show don’t tell“ kapiere.
****Na ja, so ganz offiziell scheinen die Begriffe ja auch noch nicht zu sein.