Februaransichten 2018
Wir verweisen auf die Shortlist des SERAPH 2018, lassen uns von William Proctor nachdenklich stimmen, philosophieren über globale Phantastik und nennen kommende Veranstaltungen.
Shortlist incoming
Wir sind dieses Mal etwas spät dran – doch immer wieder verblüffend, wie schnell der Februar rumgeht –, und steigen daher direkt ein: Zum SERAPH, der sich bereits im Januar gelonglistet hat, ging inzwischen die Shortlist heraus. Zu den weiterhin Nominierten zählen beispielsweise Markus Cremer mit seinem ersten „Archibald Leach“-Roman (Bestes Debüt), Karl Olsberg mit „Boy in a White Room“ für die Kategorie „Bestes Buch“ und Nora Bendzko mit „Kindsräuber“ für den „Besten Independent-Titel“. Zur kompletten Shortlist geht es hier entlang, verliehen wird der Award am 15. März auf der Leipziger Buchmesse. Zum Rahmenprogramm gehört außerdem ein Fantasy-Leseabend, auf dem u. a. die Preisträger lesen.
Von Trollen, Fans und Journalisten
Im Ankündigungstext der Shortlist ist von einem Trend hin zur Science Fiction die Rede, und ich habe das Gefühl, der findet sich ebenso (schon seit einer Weile) im Artikelbereich. Wo sind sie hin, die Beiträge über Rassismus in der Fantasy, über generische Elfen und Jugend in Zeiten des Vampirismus? Na ja, wahrscheinlich gibt es die auch noch, ich treibe mich nur auf den falschen Seiten rum. Diesen Monat beispielsweise habe ich die Webseite von Henry Jenkins für mich „wiederentdeckt“. Dort veröffentlichte William Proctor drei Artikel zu Star Wars, die den Bogen schlagen von Twitter-Trollinitiativen wie #blackstormtropper* über die Rolle des Journalismus bei deren Verbreitung und Wahrnehmung bis hin zur Fandom-Kritik. Jeder Artikel für sich ist schon ein Mammut-Essay, nach dem einem der Kopf raucht.** Auch wenn einen die Inhalte als halbwegs medienkompetenter Social-Media-Nutzer nicht allzu sehr überraschen sollten – sie stimmen nachdenklich, und sorgen nicht gerade dafür, dass die Bewertung der ganzen Angelegenheit einfacher wird. Aber nun, einfach ist sie ja auch nicht, und gerade das ist leider etwas, was von den meisten Seiten des Fandoms – und darüber hinaus – allzu häufig noch nicht akzeptiert wird.
Nach den drei Essays hatte ich dann auch erst mal genug, daher habe ich mich noch nicht an die nachfolgende Podcast-Reihe zu „Race and Star Wars„, geschweige denn an die fünfteilige (!) Roundtable-Discussion zu „The Last Jedi“ gewagt. Scheiße, ich hab den Film ja noch nicht mal gesehen.
Streitobjekte
Fandom und Genres, grenzenlos und national
Im Studium habe ich mich schwerpunktmäßig mit Fankulturen auseinandergesetzt, weshalb ich überhaupt erst auf Henry Jenkins aufmerksam wurde. Im Laufe der Semester habe ich drölftausend Abhandlungen über Fans gelesen, und dabei auch in meinen eigenen Seminararbeiten und Co. immer ein wenig geschwankt zwischen Befremdung einerseits und Faszination andererseits angesichts der Begeisterung, die man selbst und andere Themen entgegenbringen, die im Grunde doch für den Lauf der Welt recht irrelevant erscheinen.*** Meist hat aber doch die Faszination überwogen, wobei mich in den letzten Jahren vor allem interessiert hat, wie Phantastik-Fankulturen einerseits sehr lokal bzw. national verortet sind, andererseits aber doch ein neuer „globaler“ Blickwinkel entstanden ist. Zumindest besteht international ein größeres Interesse auch an nicht-englischsprachigen (Phantastik-)Szenen, die nach innen gewachsen sind – so beispielsweise an der tschechischen, über die schon 2017 eine Roundtable Discussion bei Mithila Review abgehalten wurde, und über deren SF-Zine-Szene nun Ivan Adamovič berichtete. Ok, zwei Artikel in zwei Jahren sind nicht die Welt, aber hey, es ist doch schon mal was.
Nation gewordener Cyberpunk: Akihabara in Tokio
(Foto von IQRemix unter CC BY-SA 2.0)
Auch hierzulande wagte man den Blick über den Tellerrand und – erneut – rüber nach Asien, genauer zum „japanischen Cyberpunk„. Und mit dem Hinweis zu diesem begeisterten wie auch begeisternden Beitrag von Thorsten Hanisch**** beschließen wir die Februaransichten und kommen im März an. Der läutet langsam, aber sicher wieder die phantastische Veranstaltungssaison ein – beispielsweise mit der Leipziger Buchmesse (bin nicht dabei), einem Steampunk-Abend der Geeks Cologne (bin eventuell dabei) oder der Fantastischen Nacht in Koblenz (bin im Publikum dabei).
Allen, die etwas davon besuchen, schon mal viel Spaß. Für mich geht es morgen erst mal auf mein erstes Barcamp. Aber nix mit Phantastik, bloß Social Media. Wird bestimmt … hip.
*Es hat nicht mehr so recht in den Fließtext gepasst, aber an dieser Stelle noch den Hinweis darauf, dass man auch hierzulande gut Troll-Armee im Geek-Metier kann.
**Insbesondere, wenn man nur 3/4 kapiert und draußen eine Mixtur aus Kirchenglocken und Saxophon erklingt, die man mit dem „Requiem of a Dream“-Soundtrack zu übertönen versucht. (Normalerweise mag ich das Spiel des Saxophonisten, aber sich dabei zu konzentrieren ist schwierig.)
***Obwohl mir natürlich klar ist, dass diese Dinge – egal, ob es um Star Trek oder Fußball geht – längst nicht mehr so irrelevant für die Welt sind, aber das ist größtenteils ein anderes Thema. Zu dem auch noch ein Blogbeitrag vor sich hinbrütet.
****Der btw das Wort „extrem“ extrem gerne mag. 😉
[…] mit Ulysses verglichen und japanischen Cyberpunk“ präsentiert Fischer-Tor (Hinweis von Fragmentansichten). Bei Lust auf Lesen geht es um die die Neuübersetzung von Ulysses. Über den Zauberberg und über […]