Dezemberansichten 2017
Wir lassen zwei Aktionen Revue passieren, bedauern ein Verlagsende und verabschieden uns für dieses Jahr.
Was von #phantbest übrig bleibt
Die Party ging diesen Monat nicht gerade ab in den Fanzines und Blogs, die mit Adventskalendern und Weihnachtsgewinnspielen beschäftigt waren.* Aber so’n paar Dinge haben sich doch getan, etwa auf Twitter und Instagram, wo heute die #phantbest-Aktion endet. Einen Monat lang konnten Nutzer unter wechselnden Themenvorgaben ihre Tipps und Erfahrungen zur phantastischen Literatur teilen. Dabei herausgekommen ist eine bunte Sammlung – wen’s interessiert, einfach mal nach dem Hashtag suchen.
Und immer wieder ein neues Böses
Eine weitere Aktion war die Blogparade zum Thema Ende, auf die wir bereits in Form eines eigenen Posts eingegangen sind. Ein weiterer Beitrag kam beispielsweise von Geekgeflüster und beschäftigte sich mit den Problemen des sequelism, also des ständigen Fortführens eigentlich abgeschlossener Geschichten, wobei vor allem auf die Beispiele „Supernatural“ und „Harry Potter“ eingegangen wurde. Zu „Supernatural“ kann ich mangels Kenntnis nicht viel sagen, bei „Harry Potter“ fühle ich mich aber an diesen Beitrag von Weltenbau Wissen erinnert, in dem die Frage aufgeworfen wurde, ob die Buchwelt durch ihre neue Größe nicht an Glaubwürdigkeit verliert. Obwohl ich gerade „Fantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ als angenehme Erweiterung empfunden habe, kann ich diese Bedenken nachvollziehen und sehe die Probleme, die durch Pottermore und Co. entstanden sind. Fragen, die man sich als Leser immer schon ein wenig gestellt hat – z. B. weshalb überhaupt noch Muggel leben, wie Zauberer ohne weltliche Bildung durchs Leben kommen oder warum England mit seinem Voldemort-Problem so allein dasteht –, werden nicht geklärt, sondern gewinnen durch die neuen Informationen an Tragkraft.
Bei keiner Reihe ist mir das Sequel-Problem aber so bewusst geworden wie bei „Drachenlanze“, wo das ultimative Böse mit jeder neuen Teilreihe durch ein neues ultimatives Böses ersetzt wurde und einen der Tod selbst geliebter Figur irgendwann sehr kalt ließ, da all die Helden bei Bedarf ohnehin aus dem Jenseits zurückgerufen wurden. Irgendwann hat sich die Reihe nur noch im Kreis gedreht, und als sich Krynn mit „Die Jünger der Drachenlanze“ auf eine neue Ära der Fantasy einzustimmen versuchte, war es schon zu spät, das ganze Prinzip überholt und ich im Grunde froh, dass die Reihe endlich ihr Ende fand. Ein bisschen ähnlich geht es mir übrigens mit Superheldenfilmen, die zwar immer wieder versuchen, den Zeitgeist einzufangen – mal mehr, mal weniger erfolgreich –, jedoch mit ihrem ständigen villain overkill an Glaubwürdigkeit verlieren.
Steht immer mal wieder von den Toten auf: Raistlin Reeves
(„Raistlin Majere“ von Vera Gentinetta, CC BY-SA 3.0)
Auch Nekromanten sind Moralapostel
Gleich mehrere Beiträge zur Blogparade wurden auf Bücherstadt Kurier veröffentlicht, etwa einer, in dem die Verfasserin über ihre Angewohnheit nachdenkt, immer schon zu Anfang das Ende zu lesen. Ich geb zu, diesem Drang auch gerne nachzugeben, allerdings hat mir das selten den Lesespaß verdorben. Der Weg bleibt spannend, selbst wenn man das Ziel kennt. (Uuuh, das war fast poetisch. Sorry, wird so bald nicht wieder vorkommen.)
Eine andere Richtung wird mit dem Beitrag „Ende? Bitte alternativ!“ eingeschlagen, der die mangelnden Entscheidungsmöglichkeiten in Videospielen beklagt. Finde ich interessant, obwohl ich keines der genannten Beispiele selbst auch nur angespielt habe. Mir ist nur mal aufgefallen, dass ich in Spielen, die mir die Möglichkeit zu eigenen Entscheidungen geben, immer ein totaler Moralapostel bin. Gerade jetzt in „Age of Wonders 3 – Eternal Lords“ fällt mir das wieder auf. Da spiele ich einen Nekromanten und weil Melenis, sozusagen die oberste Nekromantenqueen, mir schon in den vorangegangenen Teilen ans Herz gewachsen ist, wollte ich eigentlich lauter böse Entscheidungen treffen, in der Hoffnung, dann früher oder später Melenis selbst spielen zu können. Aber neeeeee, sobald die Gute von mir, ihrem Handlanger, verlangt, eine Freundin anzugreifen, werde ich doch wieder zum Kuschelnekromanten. Ging mir ähnlich schon in „Gothic 3“, wo ich wirklich gerne die Assassinen-Hauptstadt besucht hätte, es aber einfach nicht übers Herz brachte, die dafür erforderlichen Morde zu begehen. Sollten einem Rollenspiele nicht eigentlich mal die Möglichkeit geben, einen Scheiß auf das Gewissen zu geben? Ach, ärgerlich. Aber ich schweife ab.
Guckt mal, ich seh so böse aus, warum hau ich nicht einfach auf den Putz?
Es hat sich ausgewackelt
Wechseln wir daher das Thema und wenden uns der Meldung zu, dass der Verlag „Das Beben“ sein Ende angekündigt hat. Ich finde das sehr schade. Es ist ein wenig wie mit diesen Läden in der Stadt, deren Ende man betrauert, obwohl man nie drin war. Denn stimmt schon, ich hab keines der Verlagsbücher gelesen und da es inzwischen auch ein paar als Print gab, kann ich das nicht mal darauf schieben, dass ich eben ungern E-Books lese. Aber „Das Beben“ war mit seinen surreal anmutenden Geschichten und den schwarzweißen Covern trotzdem ein bunter Flecken im sonst oft so homogen wirkenden Verlagseinerlei. Mit ihm endet nach dem Valkyren Verlag ein weiteres vielversprechendes Projekt.
Bitte mit Anlauf rüberrutschen, danke
Joa, und damit endet langsam dieser letzte Blogbeitrag für 2017. Es war ein für mich ziemlich herausforderndes und offen gestanden zermürbendes Jahr, aber ich hab meine Versuche für einen Jahresrückblick erstmal in die Tonne gekloppt, auch wenn zumindest noch der obligatorische Top-7-Leserückblick in den nächsten Tagen folgen soll. Was die Szene angeht, würde ich sagen – es läuft. Und weil das gerade so optimistisch ist, belasse ich es dann auch dabei, euch einen guten Rutsch zu wünschen und ein erfolgreiches Jahr 2018. Wir lesen uns im nächsten Jahr, danke an alle, die hier regelmäßig oder auch nicht so regelmäßig vorbeischauen. *dramatischer Abgang, hinter der Bühne werden Waffeln gereicht*
*Oder ich war selbst zu sehr mit anderem Kram beschäftigt. Aber eigentlich schreibe ich das nur, damit dieser Beitrag nicht ohne Fußnote auskommt.