Gaming-Spleen? Weiß nicht, wovon ihr redet …
Gaming-Spleens? Hab ich nicht. Das war meine erste Reaktion, als ich gelesen habe, dass beim frittierten Phönix eine Blogparade zu diesem Thema ausgerufen wurde. Während ich allerdings Guddys und Aureas Schilderungen ihrer Spleens gelesen habe – Guddy braucht schwarze Haare und Aurea spielt ungerne das Finale aus –, ist mir aufgefallen, dass da doch ein paar sind. Beispielsweise enden für mich Games ebenfalls oft vor dem Finale. Allerdings weniger aus Angst, das Spiel könne enden, sondern mehr, weil dann die Luft für mich raus ist und Endgegner weniger für Motivation, sondern mehr für Widerwillen bei mir sorgen. Außerdem fällt es mir schwer, in Computerspielen moralisch fragwürdige Entscheidungen zu treffen. Ich kann mir noch so oft vornehmen, ein Spiel auch mal als Bösewicht durchzuspielen – spätestens, wenn das bedeutet, einen engen Verbündeten hintergehen zu müssen, werde ich doch wieder handzahm. Womit wir fast schon bei meinem „Lieblingstick“ angekommen sind: dem „Ich-hab-mir-das-aber-anders-gedacht-Spleen“. Eine Vorstellung in vier Beispielen:
„Gothic“: Ich würde ja gerne, aber meine Kumpel finden euch blöd …
Wenn ich Computerspiele über längere Zeit spiele, fange ich an, meine eigenen Geschichten und Hintergründe in sie hineinzuinterpretieren und den Figuren wie auch immer geartete Beziehungen anzudichten. Gedankliche Fanfiction sozuagen. Das macht das Spiel für mich spannender und gibt meinem jeweiligen Avatar Motive für die Entscheidungen, die er trifft. In den ersten beiden „Gothic“-Teilen habe ich dem namenlosen Avatar beispielsweise Bromances mit einigen seiner Gefährten verpasst. Teilweise war das ja auch durchaus vom Spiel vorgegeben. Nur habe ich mich bei einzelnen Figuren* so reingesteigert, dass ich z. B. im zweiten Teil kein Mitglied der Sumpf-Sekte werden konnte. Stattdessen habe ich das Spiel als Söldner durchgespielt, da ich hier die meisten meiner „Freunde“ aus Teil 1 wiedergefunden habe. Ähnlich war es im dritten Teil: Hier hätte ich eigentlich gerne mal die Assassinen ausprobiert. Nur hätte ich mich damit als Verräter an den meisten meiner ehemaligen Mit-Söldner gefühlt, also war das keine reelle Option.
„Sacred“: Wer hat dir zu sterben erlaubt?!
In „Gothic“ war das alles noch gut machbar, es hat ja nur beeinflusst, welchen Weg ich gewählt habe. Problematisch wird es allerdings, sobald sich die Spielhandlung oder -logik von meiner Interpretation wegbewegt. Ist das erst nach einiger Zeit der Fall, wenn ich mich schon an meine Sichtweise gewöhnt habe, kann es mir ein Spiel komplett vermiesen. Im ersten „Sacred“-Teil etwa habe ich, nachdem ich ihn schon einmal als Vampirin durchgespielt hatte, die Waldelfin ausprobiert. Super Sache, hat Spaß gemacht.** Es gab nur einen Haken: Zu Anfang des Spiels hat die Gute was mit dem Dunkelelfen, der ebenfalls spielbar ist. Spielt man die Waldelfin, verlässt ihr Gefährte sie jedoch zu Anfang, um seiner Familie zu helfen. Später trifft man ihn bei einem Gefecht in den Dunkelelf-Dungeons wieder, in dessen Verlauf er getötet wird. Das hat mir gar nicht in den Kram gepasst – ich hatte für die beiden generös ein Happy End vorgesehen! Also habe ich dieses verdammte Gefecht so lange durchgespielt, bis mein Geliebter endlich überlebt hat. Yay, Freude! Aber leider war es ein Bug, dass das geklappt hat, das Überleben des Dunkelelf-Geliebten schlichtweg nicht vorgesehen. Anstatt nach dem Gefecht quicklebendig seines Weges zu gehen, stand er also bloß apathisch rum und machte gar nichts mehr. Das Ganze war so unzufriedenstellend für mich, dass ich das Spiel mit der Waldelfin nicht mehr fortgesetzt habe.
„Hordes of the Underdark“: Niemand spannt mir meinen Ork aus!
Wenn wir eh schon bei fehlgeleiteten romantischen Beziehungen sind, noch ein Beispiel aus der „Neverwinter Nights“-Erweiterung „Hordes of the Underdark“: Das Hauptspiel habe ich mehrere Male durchgespielt, mal als Magier, mal als Kleriker oder Schurke, mal mit männlichen, mal mit weiblichen Figuren. Einmal habe ich dabei eine Magierin (oder Schurkin ?) gewählt und als Begleiter den Halbork und Barbar, dem man zu Anfang im Wirtshaus begegnet. Die beiden haben ziemlich viel Zeit miteinander verbracht und … nun ja, irgendwann hab ich dann doch beschlossen, dass die beiden eine Beziehung haben, ob sie nun wollen oder nicht. Lief auch einigermaßen – das geschäftsmäßige Gebaren von Herrn Halbork habe ich einfach ignoriert –, bis ich versucht habe, ihre Liaison mit „Hordes of the Underdark“ fortzusetzen. Hier fing Herr Halbork doch plötzlich an, einer Klerikerin schöne Augen zu machen. Hallo?! Anfangs habe ich das ja noch ignoriert, aber irgendwann ging es mir dann doch auf die Nerven, wie er ständig von einer anderen geschwärmt hat. Ich musste das Spiel leider noch mal neu beginnen – mit einem anderen Duo, das dank seiner platonischen Beziehung vor ablenkenden Eifersuchtsdramen geschützt war.
„Age of Wonders“: Was fällt euch ein, Krieg gegeneinander zu führen?!
Die größten Probleme bereitet mir aber natürlich meine geliebte „Age of Wonders“-Reihe. Hier spielt man stets einen Zauberer (bzw. in Teil 3 einen Herrscher), der von einem oder auch mehreren Helden unterstützt wird. In der Hauptkampagne ist vorgegeben, wen man spielt, in Szenarios oder eigenen Kampagnen kann man sich dagegen eigene Figuren bauen, was ich auch oft und gerne gemacht habe bzw. weiterhin tue. Meine Lieblingskreationen sind dabei Anaan, ein Dunkelelf-Herrscher, und seine Schwester Luphira, eine Königin der Frostlinge. Beiden habe ich Freundschaften mit (vorgegebenen) Helden angedichtet: Anaan etwa ist dicke mit dem Orkkrieger Grar, Luphira ein Herz und eine Seele mit der Frosthexe Shenga. Aber leider erfolgt die Zuordnung der Helden zufällig. So kann es passieren, dass Grar und Shenga auch mal von feindlichen Herrschern angeheuert werden und plötzlich versuchen, Luphira oder Anaan umzubringen – nicht cool! Um mit dieser Problematik klarzukommen, habe ich mir eine Reihe magischer Regeln ausgedacht, die kompliziert erklären, warum die Helden hin und wieder gezwungen sind, auch für Feinde ihrer Freunde zu kämpfen. Es ist etwas weird, aber da Zauberer und Helden ohnehin unsterblich sind und ständig wiedergeboren werden, verkraftbar.***
In „Age of Wonders 3“ hat sich die Problematik aber sogar noch verschärft. Hier werden selbstgebaute Figuren – anders als in den vorangegangenen Teilen – in freien Szenarios auch für CPU-Spieler übernommen. Eigentlich empfinde ich das als gute Neuerung. Nur kann es so passieren, dass ich z. B. Luphira spiele und plötzlich Anaan als unerbittlichem Feind gegenüberstehe, er mir ständig Drohungen schickt, meine Friedensangebote ignoriert und mich ggf. sogar unterwirft – was so gar nicht zu meiner Vorstellung von der Beziehung der beiden zueinander passt. Ich schätze, ich muss noch ein paar magische Regeln erfinden, um mit dieser Problematik klarzukommen.
Lösen geschwisterliche Probleme manchmal etwas unangemessen: Luphira und Anaan
*Ich weiß nicht mehr genau, wie die Leute hießen. Einer war meine ich Gorn.
**Wobei ich es als sehr unpraktisch empfunden habe, dass die unbewaffneten Leute, die die Waldelfin eigentlich beschützen sollte, in den Kampf eingegriffen haben, sobald sie einen Bogen benutzt hat – also eigentlich immer.
***Manchmal sind sie dann aber irgendwie doch sterblich, ohne dass ich ganz checke warum. In „Shadow Magic“ hat doch glatt mein Liebling unter den vorgegebenen Zauberern, Meandor, das Zeitliche gesegnet! War lange ein Grund für mich, nicht mit „Age of Wonders 3“ anzufangen … (Womit ich übrigens nicht die Einzige da draußen bin. Meandor hat eine starke Fanbase.)
[…] aus. Das geht so weit, dass sie ihre Spielweise eng an die Figur knüpft. Alessandra indes setzt dem ganzen den Vogel auf (Ich vermute, dass ich hier zwei Sprichwörter vermische. Darin bin ich so verdammt gut!). Gut. Sie […]
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