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Requiem für den Relativismus?
Der nachfolgende Blogbeitrag ist Teil der Aktion „Realität und Phantastik“ von Meara Finnegan. Wie der Titel schon sagt, geht es darum, in Artikeln von Bloggern und Autoren die Verbindungen zwischen phantastischer Literatur und soziopolitischen Diskursen aufzuzeigen. Eine Übersicht aller Beiträge findet sich hier.
1. Zeitgeist Relativismus
Ich hatte in meinem Leben genau dreimal den Drang, an einer Demo teilnehmen zu müssen. Das erste Mal war ca. 2010, als meine Lieblingskneipe geschlossen wurde. Beim zweiten Mal (2013) ging es um Kirschbäume. Beide Male spielte dabei eine direkte, persönliche Betroffenheit eine Rolle. Für den Weltfrieden zu demonstrieren, hätte sicher mehr Idealismus-Punkte gegeben. Das erschien mir aber so naiv wie die meisten Internet-Petitionen, zu denen vor ein paar Jahren mit schöner Regelmäßigkeit bei Facebook eingeladen wurde.
Nur dem Unwissen vertrauen
Mit vielen anderen Demos hatte ich darüber hinaus ein Problem, weil ich lange relativ überzeuge Relativistin war (LOL).* Streng genommen bedeutet Relativismus, dass man nie entscheiden kann, ob etwas richtig oder falsch ist, weil man nie fähig ist, sich komplett in die Perspektive des anderen hineinzuversetzen bzw. eine von den Subjekten losgelöste, objektive Perspektive einzunehmen. Alles, was man wahrnimmt und bewertet, ist abhängig von den eigenen Empfindungen, Erfahrungen, Werten und Einstellungen und kann daher nur subjektiv richtig sein. Das Gegenteil wäre der Universalismus, der von allgemein verbindlichen Werten und Wahrheiten ausgeht. Dabei gibt es verschiedene Felder von Relativismus und Universalismus. Beides kann sich etwa auf Kulturen, Wahrheit™ oder die Alltagsethik beziehen.
In Politik und Gesellschaft können Relativismus und Universalismus weitreichende Folgen haben. Geht es etwa um das Thema religiöse Beschneidung, stehen sich (Kultur-)Relativisten und Universalisten unversöhnlich gegenüber. Der Universalismus würde das Recht auf Unversehrtheit betonen. Der Relativist würde sagen, es sei Sache der Religion, darüber zu entscheiden, da Außenstehende die Sache nicht beurteilen könnten.
Natürlich gibt es dabei viele Abstufungen beider Haltungen. Das Extrem des Relativisten aber würde die Aushebelung der Menschenrechte bedeuten. Das des Universalisten wäre, nur die eigene Wahrheit, die eigenen Normen und Werte zuzulassen, und sie allen anderen aufzuzwingen.
Das Warum der Unsicheren
Für mich bedeutete der Relativismus nur, mir zwar eine Meinung bilden zu dürfen – was ich oft und gerne tat –, mich aber auch in das eine andere Meinung vertretende Gegenüber hineinzuversetzen. Relativismus ist eine ethische Haltung, aber keine besonders befriedigende. In Zeiten von Postmoderne und Generation Y ist sie, nüchtern betrachtet, eigentlich zwar ideal. Kapiert schließlich eh keiner mehr, was sich der Einzelne bei seiner Bastelidentität denkt und hinterfragt wird doch alles. Das Problem ist aber, dass man auf das Gegenüber ständig unsicher wirkt, weil man damit beschäftigt ist, dessen Standpunkt nachzuvollziehen. Und wenn man das konsequent genug macht, kommt man bei den meisten Themen an einen Punkt, an dem man den anderen weit genug verstehen kann, um ihm einen Kompromiss vorzuschlagen. Ist das Gegenüber kein Relativist – und das ist die Regel, auch wenn nicht jeder deshalb ultimativer Universalist ist –, hat man an diesem Punkt aber leider schon verloren. Zudem findet man sich in einer ständigen Mittelposition wieder, die zwar einem selbst richtig erscheint und das Gewissen beruhigt, einen aber trotzdem nicht ruhig schlafen lässt, weil man für die anderen ständig der Feind ist. Ihr wisst schon – ist man nicht für jemanden, ist man gegen ihn. In einer Welt ohne Richtig und Falsch erschien mir der Relativismus dennoch bei den meisten Themen als (relativ) richtig.
Schwellen von Realität und Verständnis
Da ich mich ziemlich viel mit ihm beschäftigt habe, hat er unweigerlich auch Platz in den meisten meiner Romane gefunden. Am offensichtlichsten ist es wahrscheinlich in „Spielende Götter“, in der der Relativismus zum einen in die Virtuelle Ethik hineinspielt, zum anderen in Form einer relativen Realität thematisiert wird.
In „Liminale Personae“ geht es in erster Linie – offensichtlich – um Schwellenzustände und deren Überwindung. Dennoch spielt auch hier der Relativismus wieder mit hinein. Nihile ist die Unwissende, die sich nicht verorten kann, weil sie nur ihre eigene Perspektive sieht. [SPOILER] Am Ende versteht sie mehr oder zumindest genug, um sich für eine Seite entscheiden zu können. Aber gleichzeitig bleibt ihr Wissen weiter subjektiv beschränkt, und so muss auch der Leser damit leben, ein offenes Ende zu haben, in dem viele Fragen nicht eindeutig geklärt werden. Ich weiß, dass das viele kritisieren. Da die Handlung aus Nihiles Sicht geschildert ist, wäre mir alles andere für ein Buch wie dieses, das weniger Selbstzweck als mehr Mittel zum Zweck ist, falsch erschienen. [SPOILER ENDE]
Eine Frage, die in „Liminale Personae“ ebenfalls auftaucht, allerdings nur anhand zweier Modelle, ist die nach der idealen Regierungsform. Sie wird nicht explizit beantwortet, obwohl Nihiles Entscheidung meine Auffassung durchscheinen lassen dürfte. Und an diesem hehren demokratischen Punkt können wir uns der nächsten Schwelle zuwenden.
2. Zeitgeist Universalismus
Die Welt ist im Wandel.
Diesen Satz habe ich in den letzten 16 Jahren so oft gehört, dass der Wandel als Norm erschien. Die prophezeiten Bedrohungen dieses Wandels waren phasenweise präsent, aber auch diffuse Normalität. Die Welt mochte sich verändern, aber wir taten es mit ihr und die Hoffnung auf eine andere erschien naiv oder unangemessen – schließlich ging es mir (und den meisten Lesern dieses Artikels) gut genug, um die negativen Seiten auszublenden. Alternativen könnten bedrohlicher sein. Wandel war also Norm, Bedrohung diffus, Alternativ-Veränderung naiv, der Alltag von ein paar Internet-Beiträgen und Diskussionen unpolitisch und träge, von anderen Baustellen gefangen.
Apokalyptische Wut
Das Gefühl veränderte sich nicht mit all den Terroranschlägen, wenngleich sie die Bedrohungen wohl phasenweiser präsenter, das Diffuse intensiver machten. Stattdessen kam es ausgerechnet mit der westlichen Politik.
Trumps Wahl war ein fieser Dolchstoß von hinten. Ich war an dem Tag verwundert, dass sich die Leute auf dem Weg zur Arbeit normal verhielten. Stell dir vor, es ist Apokalypse und trotzdem steht jeder pünktlich auf. Wenigstens im bei allen sonstigen Ereignissen sonst so diskutierfreudigen Büro herrschte den ganzen Vormittag über Grabesstille. Da hatten wir also unseren Schock. Und ich bei abendlichen Diskussionen das erste Mal seit Jahren Wut auf Freunde mit anderer Meinung.
Ich fand es bescheuert, wenn Leute im letzten Jahr anfingen, ihre FB-Freundeslisten auszusieben, wenn Leute es wagten, Meinungen von sich zu geben, die nicht ins politische Weltbild ihrer Bekannten passten.** Klar wäre es praktisch, wenn mein ganzer Freundeskreis aus Mitte-Links-Relativisten bestehen würde, die nur dann eine eher konservative oder skeptische Richtung vertreten, wenn es mir in den Kram passt. Aber erstens würde man sich damit der Diversität im Weg stehen, der ich selbst durchaus zugetan bin, zweitens wäre das wider dem Relativismus, und drittens würde man sich damit die Welt schön reden und aus allen Wolken fallen, wenn der Falsche auf dem Eisernen Thron landet.
Ich versuchte also tolerant, nein relativistisch zu bleiben, aber die Wut auf die Anderen kam häufiger. Ich begann immer mehr Sachverhalte nicht nur als in meinen Augen falsch, sondern als völlig falsch anzusehen.
Vom Altruismus der Egoisten träumen
Und am 21. Januar 2017 wollte ich das dritte Mal auf einer Demo sein.*** An dem Tag fand der ENF-Kongress in Koblenz nebst großer Gegendemo statt. Es fühlte sich falsch an, dass ausgerechnet in meiner Lieblingsstadt eine Koalition der Parteien zusammenkam, die ich nicht nur kritisierenswert fand, sondern verachtenswert. Völlig falsch. Und dasselbe galt und gilt für manche Meinungen, die gelegentlich in meinem Freundeskreis auftauchen und die mich in Diskussionen fast dazu bringen, keinen Kontakt mehr zu diesen Leuten haben zu wollen.
Wisst ihr, es gibt zwei menschliche Errungenschaften, die ich ziemlich sexy finde. Das eine sind Menschenrechte, und sie sind auch der Grund, weshalb ich es vermieden habe, mich tatsächlich als Relativistin zu bezeichnen. Selbstverständlich gibt es Ränder, an denen abgewogen werden muss. Aber die Menschenrechte per se zu relativieren, sollte sich das 21. Jahrhundert verdammt noch mal nicht leisten.**** Ich mag die Ansicht vertreten, dass wir letztlich alle egoistisch**** handeln, aber deshalb können wir doch trotzdem mal ein bisschen altruistisch sein!
Das zweite ist die Demokratie. Natürlich ist sie langsam und kann es nicht jedem Recht machen. Aber welche Alternative gibt es? Der Kommunismus mag schwer attraktiv klingen, scheitert aber am Menschen. Ein/e ideale/r König/in, wie ihn/sie gerne die Fantasy darstellt, würde wohl auch Makel der Demokratie überwinden, aber – einen solchen Anführer gab es nie oder wird es niemals geben, und wenn doch, so wird er wahrscheinlich nach kurzer Zeit durch einen Putsch abgesetzt. Deshalb gewinnt das System Pandoras in „Liminale Personae“ trotz seiner Makel gegenüber dem Neuzeits. Was nicht heißen soll, dass Pandora oder irgendeine andere Demokratie deshalb fehlerlos wäre. Es ist die Aufgabe ihrer Bürger, sie immer wieder in Frage zu stellen, den Status Quo nicht zu akzeptieren, wo er ungerecht wird. Aber es ist auch ihre Aufgabe, dabei Weitblick und Empathie zu zeigen und nicht in starre Haltungen von denen und uns zu verfallen, von Gut und Böse.
Mein Richtiges, euer Falsches
Doch leider tun wir genau das gerade. Wir relativieren nicht mehr, wir suchen uns nur noch die Extreme. Wir unterteilen in Gut und Böse, Richtig und Falsch, Wir und Ihr. Die Mitte ist viel zu leise geworden. Selbst die Relativität von Wahrheit hat an Schrecken gewonnen, seit sie als alternativ bezeichnet wird.
Vielleicht ist das der Wandel, auf den wir so lange gewartet haben. Das Ende der Postmoderne, das Ende des ethischen Relativismus, die Rückkehr des Universalismus. Die Dystopie, die nicht mit einem Krieg kommt, und die nicht (nur) von Konzernen regiert wird, sondern die sich anschleicht, im Namen des Volkes, das den Untergang einer Ära bejubelt, in der Gleichheit lange nicht erreicht, aber doch zumindest ein Ideal war.
Ich glaube nicht, dass die Demokratie am Ende ist. Aber sie ist in einer Krise, bei der ich dazu neige, die Schuld den Dummen, den Unweitsichtigen, den Egoistischen zuzuschieben. Der Relativist würde vielleicht sehen, dass ich selbst die Egoistin bin, die nicht versteht, aus welchem Unmut der Wunsch nach einer falschen Alternative geboren wird. Aber wer macht sich heute schon noch Mühe, den anderen zu verstehen?
Auf alternative Alternativen hoffen
Dieser Beitrag erscheint in einer Reihe, die sich mit Phantastik und Realität befasst, und eigentlich sollte er sich auch stärker mit der Phantastik beschäftigen. Ich wollte eigentlich darauf eingehen, wie in der High Fantasy lange der Universalismus herrschte, ehe er langsam von einem grauen Relativismus verdrängt wurde. Ich wollte auch den Relativismus am Finale von „Die Tribute von Panem 3“ loben. Aber mit dem 21. Januar kam es so, wie es jetzt ist, und ich frage mich im Moment lieber, was denn nun kommt. Die Dystopie kann weiter aufklärerische Macht haben, aber – die Frage tauchte schon auf – ist es nicht vielleicht mal an der Zeit, Alternativen zu entwickeln, die Veränderung bedeuten, ohne dabei ethische Errungenschaften frustriert zu negieren und zu zerstören? Oder lässt sich die Phantastik mitreißen und steht gerade der Fantasy eine neue Ära von Schwarz und Weiß bevor?
Falls ja, wird es jedenfalls Zeit für Blog-Demos.
* Deshalb verwende ich auch ständig das Wort „relativ“ und mag es wenig, wenn es mir herausgekürzt wird.
**Ausgenommen sind an dieser Stelle radikale Meinungen, bei denen ich eine gewisse Distanz durchaus verstehen kann und konnte.
*** Leider habe ich nur an einer der drei Demos tatsächlich teilgenommen. Dreimal dürft ihr raten, an welcher.
**** An dieser Stelle sei angemerkt, dass ich trotzdem nicht viel von erzwungener Demokratie halte. Das funktioniert in den meisten Fällen ebenso wenig wie Kommunismus. Die Menschen sind so nicht.
***** Mehr Infos dazu findet ihr in Nathanaels Kapitel in „Vor meiner Ewigkeit“.
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Mhm. Der Teil der Fantasy, den ich in letzter Zeit so verfolgte, beschäftigte sich hauptsächlich mit Individuen, die sich außerhalb der Gesellschaft bewegen. Sie überleben trotz der Gesellschaft, in Nischen oder maskiert. Was ja irgendwie auch auf mein Leben zutrifft.
Mir war Relativismus als Lebensphilosophie noch gar kein Begriff. Aber ich finde es durchaus gut, Für und Wider abzuwägen, sich in andere Meinungen einzufühlen, Gegenargumente zu durchdenken etc.
Soweit ich mich selbst in Fantasywelten bewege, meide ich scharfe Trennungen. Zum einen sind die rein Guten oder rein Bösen meistens langweilig, zum anderen mag ich es lieber kunterbunt.
Wobei die Individuen meist trotzdem irgendeine Form von (Alternativ-)Gemeinschaft um sich aufbauen, oder? Und wenn es sich dabei nur um eine Freundesgruppe handelt.
Die scharfen Trennungen sind auch ein Relikt aus der sehr klassischen Fantasy. „Der Herr der Ringe“ ist schon sehr universalistisch, die meisten auf D&D basierenden Reihen ebenfalls. In den letzten Jahren hat sich das verändert, wobei das meist vor allem heißt, dass alle irgendwie böse sind (mehr oder weniger lebt davon Grim&Gritty). Prominentestes Beispiel für relative Fantasy wäre wohl „Das Lied von Eis und Feuer“, nach allem, was ich davon höre. Ein älteres Beispiel wäre „Der Mond der Brennenden Bäume“ von Joy Chant, deutschsprachige die „Finstervölker“-Trilogie von Alexander Lohmann, ein wenig auch „Drei Monde“ von Lars Hitzing.
Inzwischen kommt diese „graue“ Fantasy besser an, aber ich hab die Befürchtung, dass die schwarzweiße wieder zunehmen könnte, gerade aus dem US-amerikanischen Raum. Ist vielleicht (hoffentlich) aber auch ein Vorurteil.
[…] 24. Februar Alessandra Ress: Requiem für den Relativismus […]
[…] begriffen**, ein kritischer Blick auf das Simple im Genre geworfen, ich habe in Erinnerungen an relativere Zeiten geschwelgt und Atir Kerroum widmete sich einer fast vergessenen […]
Also Fußnoten in einem Blog hatte ich auch noch nicht 😀 Erstmal rauskopiert, um nicht ständig scrollen zu müssen 😉 Vielleicht als Tooltip überlegen?
Deine Erklärung zum Relativismus kann ich gut nachvollziehen. Ich muss gestehen, dass ich mir darüber bislang kaum Gedanken gemacht habe. Umso besser finde ich, dadurch nun einiges andere verstehen zu können.
Spannend finde ich deine Betrachtung vom „Wandel als Norm“. Ich muss sagen, das merke ich auch immer wieder. Manches scheint so selbstverständlich „im Wandel“ zu sein, dass ich es kaum noch hinterfrage. Geschweige denn wissen will, wann dieser Wandel abgeschlossen ist. Es ist einfach so.
Auch die Frage zur Veränderung, ohne alle ethischen Errungenschaften negieren zu müssen finde ich spannend. Darüber werde ich definitiv noch nachdenken. Ich bin nämlich der Meinung, dass Dystopien und auch Fantasy durchaus neue Ideen wecken können, ohne nur in Schwarz und Weiß abzudriften. Deshalb mag ich auch gerade die Graustufen in den phantastischen Genres. Welten, Charaktere – schwarz weiß ist doch sowieso so gut wie niemand vollständig.
Erst durch die Fußnoten habe ich das Gefühl, dem Relativismus gerecht werden zu können 😉 Ich hab leider noch keine meinen digitalen Fähigkeiten angepasste Möglichkeit gefunden, die leichter lesbar zu machen.
Das Einzige, was man an den Graustufen kritisieren könnte, ist, dass sie doch sehr ins dunkle Grau abdriften. Ich bin nun auch nicht der größte Philanthrop, aber deshalb muss nicht alles finster und schmutzig sein.
Dann ging es dir am 21. wie mir. Ich dachte damals nur ganz trocken „Aha. Die Welt geht also unter.“
Auf alle Fälle hast du mich zum Nachdenken angeregt. Ich habe zwar bisher nur eine Person für rechtsradikale Äußerungen entfreundet, aber ansonsten… ja, Filterblasen sind gefährlich. Und alles ist kompliziert. Und Wandel als Norm? Das definitiv, für mich war die Welt eigentlich schon immer in Bewegung, aber spätestens seit ich mich für Politik (und nicht mehr nur für persönliche Veränderungen und die Technik) interessierte, hatte ich im Gegenteil das Gefühl einer Ohnmacht.
Egal was passiert, alles bleibt irgendwie, wie es ist. Es wird höchstens schlimmer. Bis ich lernte, dass es der Welt objektiv gesehen noch nie besser ging…
Und darüber nähert man sich dem Relativismus zwangsläufig an. (Übrigens kann man jede Diskussion z.B. über den „Schleier der Unwissenheit“ mit dem Kulturrelativismus-Argument aushebeln. Für euch im Philosophieseminar zu Kant getestet.) Weil die erlebte Wirklichkeit mit der Realität immer mehr auseinanderklafft. Alles ist eben doch ein bisschen relativ.
Und ich wüsste zu gerne, was du über das Ende des dritten Panem-Bandes denkst! Ich habe diesen Band sehr geliebt.
„Und ich wüsste zu gerne, was du über das Ende des dritten Panem-Bandes denkst! Ich habe diesen Band sehr geliebt.“
Er zeigt eben auf, dass es keine ideale, universale Lösung gibt. Was dem einen als Lösung erscheint, ist für den anderen nur eine erneute Repression. Das fand ich für eine Jugenddystopie doch erstaunlich konsequent.
Genau das. Und ich glaube, einigen Leser*innen hat genau diese – bittere, unromantische – Realität nicht gefallen.
Es kommt ja immer darauf an, wofür Menschen lesen. Wer für Eskapismus liest, tut sich schwer, sogar im Roman von so bitterem Realismus eingeholt zu werden.
Aber gerade jetzt ist es so wichtig!
[…] 24. Februar Alessandra Ress: Requiem für den Relativismus […]